Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat das Bettelverbot in der Salzburger Altstadt erneut gekippt. Das seit 2. Juni 2015 geltende und ein Jahr später noch einmal deutlich ausgeweitete sektorale Bettelverbot komme wegen seines zeitlichen und örtlichen Umfangs einem absoluten Bettelverbot gleich und sei damit "verfassungsrechtlich verpönt" und gesetzeswidrig.

Der VfGH hatte bereits 2012 festgestellt, dass das damals gültige absolute Bettelverbot in Salzburg gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Die Stadt reagierte darauf mit der Einführung von Verbotszonen und stützte sich formal auf eine Verordnung des Landes, die es Kommunen freistellt, das Betteln dort zu verbieten, wo die ungehinderte Nutzung des öffentlichen Raumes nicht mehr möglich ist. Mit seiner Entscheidung vom 28. Juni 2017 kam der VfGH zum Schluss, dass zwar Einschränkungen zur Vermeidung drohender Missstände durchaus erlaubt sein könnten, die Regelung der Stadt (Bettelverbot täglich von 8.00 bis 19.00 Uhr in bedeutenden Teilen der Innenstadt) sachlich aber nicht gerechtfertigt sei.

Anlass: 100 Euro Strafe

Anlass war die Beschwerde einer Betroffenen, die für "stilles Betteln" in der Getreidegasse 100 Euro Strafe zahlen musste. Schon im Prüfbeschluss hat der VfGH Bedenken geäußert: Das Verbot in der Innenstadt sei so weitläufig, dass es einem ausnahmslosen Verbot des Bettelns gleichkommen könnte. Ein zweiter Fall betrifft einen Mann, der ebenfalls 100 Euro Strafe wegen "stillen Bettelns" am Grünmarkt zahlen musste.

Bettelverbots-Bekämpfer Pfarrer Wolfgang Pucher zeigte sich hocherfreut: "Am heutigen Tag sind durch eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes endgültig die letzten Schikanen gegen ArmutsmigrantInnen beseitigt worden." Damit habe man endgültig das Ziel erreicht, denn: "Der seit einiger Zeit aufgetauchte Versuch, nach dem Vorbild von Salzburg auch in andern Städten ein sektorales Bettelverbot zu verhängen, ist damit vom Tisch. "

Pfarrer Pucher hatte sich in Graz selbst in die Herrengasse gesetzt und soldarisch gebettelt
Pfarrer Pucher hatte sich in Graz selbst in die Herrengasse gesetzt und soldarisch gebettelt © Jürgen Fuchs

Er und die Vinizigemeinschaft hofften, "dass man endgültig von der schikanösen Vertreibungsstrategie abgeht und sich entschieden mit der Frage beschäftigt, wie wir den ArmutsimigrantInnen in ihrer besonderen Not besser helfen können". Strategien der Armutsbekämpfung sollten europaweit in besonderer Weise auch das extrem schwierige Leben der Roma berücksichtigen. Sie bräuchten dringendst mehr Unterstützung und Hilfe, so Pucher.