Lange Zeit hat sich der designierte ÖVP-Chef und Außenminister Sebastian Kurz mit seinen Ansichten zu Themen außerhalb "seiner" Bereiche Integration und Außenpolitik ja eher zurückgehalten. Nun präsentierte er wieder einmal einen Teil seines Wahlprogramms, das im Herbst erscheinen soll - und zwar zehn Punkte zum Thema Gesundheit, wie das Ö1-Morgenjournal berichtet.

Eine der zentralen Forderungen von Kurz in diesem Bereich ist die Abschaffung des sogenannten Pflegeregresses. Die SPÖ hat dies ebenfalls vorgeschlagen. Gegenfinanzieren will Kurz dies im Gegensatz zu den Roten allerdings nicht mit einer Erbschaftssteuer, sondern über Bürkratieabbau und einer Drosselung der Zuwanderung ins Sozialsystem, so der Außenminister. Worum es sich beim Pflegeregress handelt, lesen Sie hier

Zudem wünscht sich Kurz ein neues Anreizsystem für Hausärzte, vor allem im ländlichen Raum: "Es muss für junge Mediziner attraktiver werden, als Hausärzte zu arbeiten", so der designierte Chef der Volkspartei. Dafür müsse man auch Geld in die Hand nehmen, so Kurz. Der Vorschlag steht laut Kurz im Einklang mit der kürzlich fixierten Reform hin zu den geplanten Primärversorgungszentren. Diese seien "ein sinnvoller, richtiger Schritt", sagt Kurz.

Keine Erbschaftssteuer

Ebenfalls mahnt Kurz Limits für Wartefristen, beispielsweise auf Operationen und wichtige Untersuchungen, ein. Zudem deutet er die Zusammenlegung mehrerer Sozialversicherungsträger an. Geht es nach Kurz, soll übrigens auch die E-Card künftig anders aussehen: Damit hier der Betrug eingedämmt wird, wünscht er sich Fotos auf den Karten. "Jede Karte der Wiener Linien hat ein Foto drauf, die E-Card aber nicht", so Kurz.

SPÖ: Pflegeregress gleich abschaffen

In der SPÖ reagiert man positiv darauf, dass nun auch der ÖVP-Chef  für die Abschaffung des Pflegeregresses eintritt. "Es wäre ein großer, wichtiger Schritt, wenn wir das Ende des Pflegeregresses noch diese Woche im Parlament einbringen", erklärte SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder in einer Aussendung. Schieder will der ÖVP noch am Dienstag einen entsprechenden Antrag übermitteln. "Jeden Tag, den wir den Regress früher abschaffen, ist ein guter Tag für die österreichische Mittelschicht. Machen wir jetzt Nägel mit Köpfen und beenden wir die Enteignung bei Pflegefällen", so Schieder.

Auch Länder für Abschaffung

Die Bundesländer sind grundsätzlich zur einer Abschaffung des Pflege-Regresses bereit. Allerdings pochen vor allem die ÖVP-geführten Länder auf eine Berücksichtigung des Einnahmenentfalls und eine Klärung der Finanzierung. 

So ist für den Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) die Abschaffung des Pflege-Regresses vorstellbar, wenn die Finanzierungsfrage geklärt ist. "Dass sie das wird, davon gehe ich aus", sagte Wallner im Anschluss an die Regierungssitzung. Die Kosten für alle Bundesländer, die durch den Wegfall des Regresses entstehen, bezifferte Wallner mit 150 bis 250 Mio. Euro. Die von der SPÖ vorgeschlagenen 100 Mio. Euro pro Jahr, die von 2018 bis 2021 zweckgebunden an die Länder ausgeschüttet werden sollen, sind für ihn deshalb "zu wenig". Es gebe eine einfache Regel: "Wer anschafft, zahlt".  In der Steiermark plädierte der zuständige steirische Gesundheitslandesrat Christopher Drexler (ÖVP) für eine "tiefschürfende, solide" Diskussion: "Ich warne vor Schnell- und Hüftschüssen". ÖVP-Obmann Sebastian Kurz habe ja auch ein ganzheitliches Konzept zu Gesundheit und Pflege vorgestellt, die Abschaffung des Pflegeregresses sei da nur ein Punkt. "Es geht in der Steiermark geschätzt um eine Summe zwischen 15 und 20 Millionen Euro, also österreichweit aufgerechnet rund 100 Millionen Euro. Das sind Einnahmen der Länder, da muss es einen Ausgleich geben", forderte auch Drexler eine Berücksichtigung des Einnahmenentfalls.

"Eine Abschaffung des Pflegeregresses durch den Bund wird selbstverständlich begrüßt, wenn der Bund die damit verbundenen Folgekosten ersetzt", sagte auch Niederösterreichs Sozial-Landesrätin Barbara Schwarz (ÖVP). Auch Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer steht der Abschaffung des Pflege-Regresses, der in seinem Land mit 20 bis 25 Mio. Euro pro Jahr zu Buche schlagen würde, prinzipiell positiv gegenüber: "Wenn der gemeinsame Wille dafür da ist, im Sinne jener, die gepflegt werden, und ihrer Angehörigen, dann finde ich das einen guten Weg." Die Wiener Sozialstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) spricht sich ebenfalls für die Abschaffung des Pflegeregresses aus - da gute Pflege "nicht von der Größe der Geldbörse" abhängen dürfe. "Alle sollen in Würde altern können, ohne dass das Ergebnis des eigenen Erfolgs verloren geht", befand sie.