Wird es am Parteitag in Linz nur einen Abstimmungsmarathon geben oder werden Sie auch inhaltliche Pflöcke in den Boden rammen?


ULRIKE LUNACEK: Es gibt keine grüne Tagung, wo es nicht auch um den Inhalt geht. Ich werde in meiner Rede betonen, warum ich in diese Wahl gehe, was ich mit den Grünen gemeinsam vorhabe und wie ich das anlegen möchte.

Wie wollen Sie es anlegen?

Diese Wahl ist eine Richtungsentscheidung. Es geht nicht nur darum, wer Nummer eins wird, sondern wer dann gemeinsam mit einer anderen Partei oder anderen Parteien die Regierung bildet. Wir sind die Einzigen, die deutlich sagen: Nicht mit der FPÖ. Nicht, weil uns die Farbe Blau nicht gefällt, sondern der Inhalt nicht stimmt. Die FPÖ treibt Österreich in Richtung „Orbánisierung“. Wir wollen ein Österreich mit einer proeuropäischen Haltung, bei aller Kritik an der EU. Wir haben da ein Alleinstellungsmerkmal, weil alle anderen nach rechts abdriften. Insofern ist sehr viel Platz für uns.

Sie müssen eher befürchten, dass Sie bei der Koalitionsbildung komplett unter die Räder kommen. SPÖ, ÖVP und FPÖ werden sich das wohl untereinander schon ausmachen.

Es ist weder klar, wer Erster wird, noch ist heute klar, welche Mehrheiten es geben kann. Die Chance ist da.

Wo setzen Sie inhaltlich an?

Unsere Schwerpunkte sind die lebensnahe Sozialpolitik, die viel zu hohen Mieten, der niedrige Mindestlohn, die Ökologiefrage. Vor allem will ich in Sachen Klimaschutz einen „Austro-Trump“-Strache in der Regierung verhindern.

Sie sagen, die Schließung der Mittelmeerroute ist der falsche Weg. Die Spanier haben es aber vorexerziert, dass es geht.

Mir geht diese Schlagzeilenpolitik gegen den Strich. Ich bin für Kontrollen an den Außengrenzen und für geordnete Zugänge bei Asyl und Migration. Die Grünen waren die Ersten, die vor mehr als zwei Jahren im EU-Parlament gesagt haben, es muss eine quotenmäßige Aufteilung nach Ländern geben. Wir müssen auch die Fluchtursachen bekämpfen. Wenn die Europäer vor Westafrika die Fischereigründe leer fischen, darf man sich nicht wundern, dass die Menschen ihre Heimat verlassen.

Gibt es Kapazitätsgrenzen?

Ich habe in einer Debatte mit Kurz einmal gemeint: Europa ist ein Kontinent mit über 500 Millionen Einwohnern. Wenn jede Gemeinde, jede Stadt nur ein Prozent auf die Bevölkerung gerechnet an Flüchtlingen aufnimmt, sollte das möglich sein.

Da sind Sie fast auf Kurz-Linie?

Ich bin in der Politik, weil ich Lösungen erarbeiten will – und nicht, um wie Kurz permanent Nebelgranaten zu werfen. Ich kenne niemanden, der freiwillig flüchtet. Doch wenn Krieg herrscht, sieht die Welt leider anders aus. Ich bin froh, dass Macron gewonnen hat. Nur: Frankreich ist einer der größten Waffenproduzenten in der EU und liefert auch an kriegsführende Länder. Da muss man auch dem Herrn Macron in aller Freundschaft sagen: So nicht! Waffenexporte sind Kriegstreiber und schaffen Fluchtgründe.