Der frühere Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) hat im Eurofighter-U-Ausschuss jegliche Malversationen bestritten. Dies zu behaupten, sei eine "riesengroße Sauerei", ärgerte sich der Ex-Parteichef. Vom Team Stronach-Abgeordneten Leo Steinbichler auf etwaige Provisionen angesprochen, betonte Gusenbauer: "Ich war mein ganzes Leben kein einziges Mal in Malversationen verwickelt."Gusenbauer bekräftigte, dass er nie Provisionen oder sonstige Bestechungsgelder bekommen habe. Derartige Mutmaßungen seitens des Team Stronach-Mandatars seien "eine riesengroße Sauerei", so der Ex-Kanzler. In welchem Zusammenhang die von Steinbichler geäußerten mutmaßlichen Malversationen gestanden haben sollen, war nicht ganz klar.

U-Ausschuss: Opposition ortet Widersprüche

Zuvor hatte sich Gusenbauer auch schon zu Zahlungsflüssen von EADS an Rapid unwissend gegeben: "Mir sind solche Zahlungsflüsse nicht bekannt", erklärte Gusenbauer, damals wie heute "Mitglied" des Fußballvereins. In Sponsoring oder finanzielle Angelegenheiten von Rapid sei er nicht eingebunden.

"Wer ist Dr. Lüssel?" - Ex-Kanzler Schüssel im U-Ausschuss

Genervt zeigte sich Gusenbauer im Laufe der Befragung auch von Peter Pilz' (Grüne) Befragungsstil. Dass Politiker wie er, wie von Pilz behauptet, für die Republik Schaden verursacht hätten, ließ er nicht gelten. "Ich habe überhaupt keinen Schaden verursacht", wurde der Ex-Kanzler laut und forderte: "Weisen Sie irgendeinen Schaden nach, bevor Sie weiter so einen Unsinn daherreden."

Wortgefechte lieferte sich Gusenbauer mit Pilz etwa darüber, inwieweit er über die Vergleichs-Verhandlungen des damaligen Verteidigungsministers Norbert Darabos (SPÖ) informiert war. Darabos habe ihn über die Gesprächsfortschritte "mündlich mehrfach informiert", erklärte Gusenbauer. Pilz zeigte sich allerdings dann verwundert, dass Gusenbauer das erste, im Gartenhotel Altmannsdorf handschriftlich verfasste und angeblich vorteilhaftere Vergleichspapier nicht kenne - denn Darabos habe im U-Ausschuss angegeben, seinen Kanzler über jeden Verhandlungsschritt informiert zu haben. "Ich gehe nicht davon aus, dass er die Unwahrheit gesagt hat", meinte Gusenbauer, aber er kenne den handschriftlichen Vertrag nicht, "ich sehe das zum ersten Mal". Letztlich stellte Gusenbauer etwas entnervt fest: "Ich bin laufend über den Fortgang der Verhandlungen informiert worden, nicht über jeden Schritt, das wurde von mir auch nie behauptet."

Wortgefechte mit Pilz

Ebenfalls nicht erklären konnte sich Gusenbauer auf Befragen des Grünen Abgeordneten, dass sich EADS offenbar schon Anfang 2006 auf eine Preisreduktion von 400 Mio. Euro eingestellt habe, weil die vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt werden können. Darabos hatte mit seinem Vergleich letztlich aber nur eine Preisreduktion von 240 Mio. Euro erreicht, erinnerte Pilz.

Dass Darabos - wie von ÖVP-Seite behauptet - den Koalitionspartner zu wenig über die Verhandlungen informiert und sogar das Haushaltsrecht gebrochen habe, weil kein Einvernehmen mit dem Finanzministerium hergestellt worden sei, wies Gusenbauer zurück: "Es sind die Bestimmungen des Haushaltsrechtes eingehalten worden." Darabos habe den Vergleich in seiner "Ministerverantwortung" verhandelt und habe den Vertrag danach dem Finanzministerium übermittelt. Darabos sei wohl auch davon ausgegangen, dass ein Finanzminister nichts dagegen haben könne, wenn er mehrere hundert Millionen Euro einspare, meinte Gusenbauer süffisant.

Auf Wunsch des Finanzministeriums sei auch "über den gesamten Fortgang der Gespräche" die Finanzprokuratur (der Anwalt der Republik) eingebunden gewesen. Ein "Kaltstellen" der Finanzprokuratur während der Verhandlungen konnte Gusenbauer nicht erkennen, er habe den Eindruck gehabt, "dass es hier eine sehr aktive Kommunikation zwischen dem Verteidigungsministerium und der Finanzprokuratur gibt". Über Details gab sich der damalige Regierungschef jedoch auch hier unwissend: Wer in welchem Ministerium wie eingebunden war, "das geht wahrlich über meine Wahrnehmungsgrenze hinaus".

Druck seitens der ÖVP während der Koalitionsverhandlungen, den Eurofighter beizubehalten, stellte Gusenbauer in Abrede. Zuvor hatte dies auch der frühere Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) getan: "Physisch mit meinen 75 Kilo hätte ich Alfred Gusenbauer nicht in Schwierigkeiten bringen können", ließ er am Vormittag wissen. "Dieser Einschätzung will ich nichts entgegenhalten", befand Gusenbauer. Die Koalitionsverhandlungen seien "mit der notwendigen Konsequenz geführt" worden, aber es habe "keinerlei Drohungen" oder Einschüchterungsversuche gegeben. Und überhaupt: "Alfred Gusenbauer kann man weder bestechen, noch unter Druck setzen, noch einschüchtern - und das gilt auch für Koalitionspartner."

Darabos habe im Rahmen seiner Möglichkeiten einen sehr guten Vergleich erreicht, ein Ausstieg sei nicht möglich gewesen, sagte Gusenbauer im Vorfeld. Der Ex-Kanzler und -SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer macht von der Möglichkeit Gebrauch, ein einleitendes Statement abzugeben. Er spricht nicht frei, sondern verliest jene Stellungnahme, die er zuvor an die Journalisten verteilt hat.

In seiner Stellungnahme erklärt Gusenbauer, dass die SPÖ für die Luftraumüberwachung, aber gegen die Anschaffung von teuren Kampfflugzeugen und damit gegen die Eurofighter gewesen sei. Wegen der "erheblichen rechtlichen und unverantwortbaren finanziellen Risiken für die Republik Österreich" habe man sich aber gegen einen Vertragssausstieg entschieden. Nur der Beweis strafrechtlich relevanter Tatbestände bei Vertragsabschluss bzw. bei Nicht-Liefern hätte das möglich gemacht.

Daher habe sich Darabos zu Vergleichsverhandlungen entschieden und diese "in seiner Ministerverantwortung" geführt und ihn regelmäßig informiert. Sein Abschluss habe der Republik mehrere hundert Millionen Euro erspart. Auf Basis des Informationsstands 2007 habe er "das bestmögliche Ergebnis" verhandelt.

U-Ausschuss: Gusenbauer lobt Darabos-Vergleich

Positiv bewertet er die nunmehrige Anzeige der Republik gegen Eurofighter: "Vielleicht wird 2017 möglich, was 2007 nicht möglich war."

Befragung von Alt-Kanzler Schüssel

Der frühere Bundeskanzler und ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel hat am Dienstagvormittag im Eurofighter-Untersuchungsausschuss in Abrede gestellt, dass er Kontakt mit Lobbyisten des Jet-Herstellers gehabt habe. Mit dem in Dokumenten vorkommenden "Dr. Lüssel" wollte sich Schüssel nicht identifizieren - es handle sich dabei um eine "kabarettreife Verballhornung von irgendwelchen Namen".

Dass es Schmiergeldzahlungen an die ÖVP gegeben habe, stellte Schüssel in Abrede: "Für meine Partei schließe ich das vollkommen aus", erklärte er auf eine Frage der SPÖ-Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber.

Der Grüne Abgeordnete Peter Pilz befragte Schüssel zu angeblichen Kontakten zu Eurofighter-Lobbyisten. Natürlich kenne man bestimmte Manager, er habe aber jeden Versuch einer Kontaktaufnahme zu diesem Geschäft ans Verteidigungsministerium verwiesen, betonte Schüssel. Auch Gespräche mit Vertretern von EADS oder Eurofighter zu einem "Systempreis" hat Schüssel eigenen Angaben zufolge "sicher nicht" geführt, "das ist ausschließlich Sache des Militärs".

Laut Staatsanwaltschaft München ist in Unterlagen im Zusammenhang mit der Londoner Briefkastenfirma City Chambers Limited, die von EADS 8,4 Mio. Euro Schmiergeld bekommen und weiterverteilt haben soll, von Gesprächen zwischen Lobbyisten wie dem Vermögensberater Herbert W. und österreichischen Politikern wie "Dr. Lüssel", "J. Laider" und "K.H. Lasser" die Rede. Er kenne W. nicht, betonte Schüssel. Er wisse nicht, wer "Dr. Lüssel" sein sollte. Es handle sich um eine "kabarettreife Verballhornung von irgendwelchen Namen", befand Schüssel. "Dr. W. Lüssel ist Dr. W. Schüssel", zitierte daraufhin Pilz aus einem Bericht der Münchner Kriminalpolizei. "Das beweist überhaupt nichts", blieb Schüssel bei seiner Darstellung. "Ihre Verdächtigungen und Verschwörungstheorien können Sie in den Kamin schreiben. Es hat nichts derartiges gegeben."

FPÖ-Fraktionsführer Walter Rosenkranz konfrontierte die Auskunftsperson mit einer Unterlage, in der sich Airbus-Chef Thomas Enders für ein Treffen mit Schüssel bedankt. Dazu verwies Schüssel darauf, dass Österreich in die Luftfahrtindustrie hinein wollte und auf ein Treffen am Opernball. Dieses schilderte er so: "Jeder, der mit mir einmal in der Kanzlerloge war, weiß, dass es ein unglaubliches Gedränge ist. 15 Quadratmeter und 50 Leute, die blitzartig irgendetwas erwähnen wollen", sprach Schüssel von einer "Staatssauna". Enders sei jedenfalls "ein guter Mann" und Freund Österreichs, so Schüssel.

Eurofighter-U-Ausschuss will Antworten von Ex-Kanzler Schüssel

Einen Grund für einen Vertragsausstieg hat es Schüssel zufolge nicht gegeben. Die zuletzt immer wieder vorgebrachten Lieferverzögerungen beim Eurofighter-Hersteller seien wohl nicht belegbar gewesen. "Jeder Beweis der Verzögerung wäre der Jackpot gewesen", denn das wäre ja ein Vertragsausstiegsgrund gewesen. "Der Kollege Pilz hätte die Sektkorken knallen lassen."

Stattdessen habe der damalige Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) einen Vergleich verhandelt, rechtlich beraten nur durch einen Zivilrechtler (Helmut Koziol, Anm.), "der von militärischen Dingen keine Ahnung haben kann". Dass Darabos etwa nicht jene Experten eingebunden habe, die den Ursprungsvertrag verhandelt hatten, "finde ich ein derartiges Versäumnis, dass man sich im Nachhinein nur wundern kann", meinte Schüssel.

"Das Finanzministerium hätte eingebunden werden müssen, das ist nicht geschehen", und das habe man auch heftig kritisiert. Dass der Vergleich unter derartiger Geheimhaltung und unter "Ausschaltung" des Koalitionspartners erfolgt, habe man nicht wissen können. Schüssel geht davon aus, dass hier "einige die Nerven verloren" haben. NEOS-Mandatar Michael Bernhard wunderte sich, warum keine Konsequenzen beraten wurden, wenn man Darabos doch einen Verstoß gegen das Haushaltsrecht vorwirft. Man habe "das volle Drama", wie die Sache im Sommer 2007 gelaufen sei, damals noch gar nicht gekannt, rechtfertigte sich Schüssel.

Darabos' Entwurf für den Ministerrat über den Vergleich bezeichnete Schüssel als "Wischi-Waschi-Papier", in dem wenig mehr gestanden sei als die Reduktion auf 15 Stück. Hierzu brauche es ausführlichere Informationen, man konnte daher nicht zustimmen. Darabos habe den Vergleich daher allein verantworten müssen.

Darabos sei immens unter Druck gestanden, glaubt Schüssel. "Gegen seinen Willen" sei Darabos "in das Ressort hineingestoßen worden", wo er auch auf Widerstand gestoßen sei, habe er doch "nie gedient". Menschlich wolle er kein schlechtes Wort über Darabos verlieren, versicherte Schüssel, aber "juristisch war es nicht vertretbar".

Generell wunderte sich Schüssel, dass schon so lange über den Eurofighter gesprochen wird: "Jetzt diskutieren wir 15 Jahre über den Vertrag. Ich frage mich langsam, ob die Republik keine drängenderen Probleme hat."

Gusenbauer-Statement am Nachmittag: