Im Österreichischen Bundesheer wächst die Sorge, dass mit der Neuwahl am 15. Oktober der im Vorjahr eingeschlagene Reformkurs ins Stocken gerät oder gar abgewürgt wird. Die Reform ist eng mit der Person von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) verbunden. Sollte die SPÖ der künftigen Bundesregierung nicht mehr angehören, wäre auch der bei den Soldaten überaus beliebte Ressortchef Geschichte.

"Diese Neuwahl kommt zum schlechtmöglichen Zeitpunkt. Sie erwischt uns komplett am falschen Fuß", sagte Generalstabschef Othmar Commenda am Rande des "Tags der Miliz" in Spielfeld zur Kleinen Zeitung. Denn gerade jetzt habe man die Trendwende erreicht, komme die Reform erst so richtig in die Gänge. "Aber jetzt ist erst der Plan für das Gebäude fertig, die Baustelle noch lange nicht", bemühte Commenda einen Vergleich. Sein Appell an die Politik und vor allem an jene, die künftig Verantwortung tragen, lautet daher: "Haltet den Kurs!" Dass sich in einer neuen Regierungskonstellation die Ausgangsposition für das Heer sogar verbessern könnte, bezweifelt der höchste Heeresbeamte. Er habe schon viele Regierungswechsel miterlebt und sei, wie viele Soldaten, deshalb "Berufspessimist".

Neue Gliederung nicht beschlossen

Was viele Heeresangehörige zudem in Ungewissheit lässt: Die schon zu Jahresbeginn eingenommene neue Heeresgliederung ist noch nicht offiziell, da das für die Beamten zuständige Bundeskanzleramt die so genannten Organisationspläne immer noch nicht abgesegnet hat. Tausende Soldaten sitzen deshalb auf Stellen, die es formell gar nicht gibt. Sie bekleiden ihre alte Funktion und sind vorerst nur dienstzugeteilt. Commenda ortet hier Signale, dass zumindest auf operativer Ebene, also in den Truppenkommanden, demnächst die Struktur offiziell eingenommen werden kann. "Das muss aber in den nächsten vier bis sechs Wochen geschehen, sonst bekommen wir ein Problem", so der General.

Was die Bedrohungslage Österreichs betrifft, so sieht der Generalstabschef eine 70 Jahre dauernde Phase der relativen Sicherheit definitiv beendet. Deshalb fordert er die Rückkehr zu einer umfassenden Sicherheitsvorsorge in Österreich, wozu etwa auch die ausreichende Bevorratung mit Lebensmittel und Güter sowie der Ausbau des Zivilschutzes gehöre. "Die zivile, geistige und wirtschaftliche Landesverteidigung gehört zusammengeführt", betont Commenda. Vor allem der Jugend müssten die diffusen, weil nicht unmittelbar spürbaren Bedrohungen stärker bewusst gemacht werden, ohne dabei Ängste zu schüren.

Starker Zulauf zum Heer

Eine flächendeckende Sicherheitsarchitektur erfordere auch "Man- und Womenpower", wie es der Generalstabschef formuliert. In Österreich habe man zum Glück weiterhin die Wehrpflicht, das Milizsystem werde wieder gestärkt und die Personaldecke sowohl im Berufskader als auch bei der Miliz wieder dicker. "Wir haben heuer schon über 1000 Kaderanwärter", berichtet Commenda. Mit Blick auf die Streitkräfte in Italien und Frankreich sieht er Österreich gut aufgestellt, denn: "Den Berufsarmeen geht nun langsam die Luft aus."