Die Übernahme der Parteiführung durch Sebastian Kurz beschert der ÖVP den erhofften Bonus in der Wählergunst. Erste Umfragen sehen die ÖVP derzeit klar in Führung - mit Werten über 30 Prozent. Der langfristige Umfrageverlauf zeigt aber, dass auch Reinhold Mitterlehner mit einem deutlichen "Django-Effekt" startete. Meinungsforscher Peter Hajek mahnt angesichts der volatilen Währschaft zur Vorsicht.

Das Institut Unique Research (für die Tageszeitung "heute") sieht die ÖVP derzeit bei 33 Prozent, SPÖ und FPÖ mit 26 Prozent dahinter. Einen noch deutlicheren Vorsprung weist Research Affairs (für "Österreich") aus, wo die ÖVP auf 35 Prozent und die SPÖ nur auf 20 Prozent kommt. Die FPÖ wird auch hier mit 26 Prozent ausgewertet. Grüne und NEOS liegen in dieser Onlineumfrage etwas höher als bei Unique, wo Online- und Telefoninterviews kombiniert werden. Das Team Stronach wäre derzeit chancenlos.

"Django-Effekt"

Die Herausforderung für die ÖVP wird nun, die guten Werte über den Wahlkampf zu halten. Denn auch der letztlich gescheiterte Kurz-Vorgänger Reinhold Mitterlehner startete im Herbst 2014 mit einem deutlichen Plus. Bis Anfang 2015 konnte die ÖVP im Dreikampf um den ersten Platz mithalten. "Wenn die Kirche einen Franziskus-Effekt hat, haben wir gerade einen 'Django'-Effekt", schwärmte der damalige ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel.

Spätestens im Sommer 2015 setzte sich die FPÖ aber von den Koalitionsparteien ab und etablierte sich im Verlauf des von der Flüchtlingskrise geprägten Jahres als stärkste Partei. Und während Neo-Kanzler Christian Kern ab Mai 2016 einen Aufwärtstrend für die SPÖ einleitete, dümpelte die ÖVP in den Umfragen weiterhin um die 20 Prozent. "Kern hat einen guten Antrittsapplaus gehabt, ist dann leicht abgesunken und mit der neuen Flüchtlingspolitik der SPÖ und dem 'Plan A' wieder geklettert", erklärt OGM-Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer dazu.

Nun also ein deutlicher Schub für die ÖVP mit ihrem neuen Spitzenkandidaten. "Sebastian Kurz und die ÖVP haben eine sehr gute Ausgangsposition", sagt Hajek dazu. Außerdem habe Kurz die Lehren aus Mitterlehner gezogen und den Vizekanzler verweigert, um Abnützungserscheinungen durch die tägliche Regierungsarbeit zu vermeiden. Dennoch könne im Wahlkampf immer etwas passieren, warnt Hajek: "Es ist wahnsinnig viel in Bewegung. Da kann es flotte Rückflüsse geben, wenn ein Kandidat oder eine Partei in ein Fettnäpfchen tritt."

All-Parteien-Gespräch

Bundeskanzler Kern lädt derweilen für kommenden Dienstag wieder zu einem All-Parteien-Gespräch. Thema sollen ausstehende Zwei-Drittel-Materien sein. Konkret will Kern die Bildungsreform, die Änderungen im Wirtschaftsrecht sowie die Gewerbeordnung besprechen. Geladen sind die Klubobleute der sechs Parlamentsparteien, dazu noch der designierte ÖVP-Chef Kurz.

Wann diese Besprechung genau stattfindet, ist noch unklar. Zeit wäre aber auch am Vormittag, denn der Ministerrat entfällt angesichts dessen, dass sich zumindest die SPÖ nur noch auf parlamentarische Beschlüsse konzentrieren will.

Was die Koordinierung innerhalb der Regierung angeht, soll Vizekanzler Wolfgang Brandstetter (ÖVP) künftig erster Ansprechpartner für die SPÖ sein. Koordinator bleibt der zum Wirtschaftsminister aufgestiegene Harald Mahrer, unterstützt von Finanzminister Hans-Jörg Schelling und Klubobmann Reinhold Lopatka.