Mehrere Stunden herrschte in der ÖVP nach dem überraschenden Rücktritt von Reinhold Mitterlehner absolute Bunkerstimmung. Von den Granden der Volkspartei im Bund, in den Ländern und den Bünden hob niemand ab, nicht einmal die Pressesprecher. Erst im Laufe des Nachmittags lockerte sich die Schockstarre.

Die große Frage, die sich bald stellte: Wie geht es weiter? Übernimmt Sebastian Kurz? Und wenn ja als Vizekanzler, wie von Kanzler Christian Kern vorgschlagen, oder kommt es zu Neuwahlen?

Sebastian Kurz in der Kleine-Zeitung-Diskussion am Montag:

Als erste ÖVP-Spitzenpolitiker meldete sich Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer zu Wort - und zwar mit einer Empfehlung für Kurz: "Wir brauchen schnell wieder stabile Verhältnisse und eine überzeugenden Führungspersönlichkeit. Sebastian Kurz ist für mich die erste Adresse", so Stelzer zur Kleinen Zeitung.

Die Entscheidung dürfte erst auf dem kurzfristig für Sonntag einberufenen ÖVP-Parteivorstand fallen. Bis zu der Sitzung gilt es noch einige entscheidende Fragen zu lösen. 

Bekommt Kurz Generalvollmacht?

Sebastian Kurz hat wiederholt in vertrauter Runde zu verstehen gegeben haben, dass er keine Lust habe, wie seine Vorgänger zu enden. Deshalb pocht er auf eine Generalvollmacht, die zum Ziel hat, dass er sich die Regierungsmitglieder und die Kandidaten auf der Bundesliste aussuchen darf. Dass ein Landeschef wie Erwin Pröll dem ÖVP-Chef Wolfgang Sobotka aufs Auge drückt, wäre dann Geschichte. Umgekehrt könnte Landeschefs unliebsame Rivalen nicht mehr so einfach nach Wien schicken.  

Welches Amt übernimmt Kurz?

Die Idee, dass Kurz nur als ÖVP-Chef und Spitzenkandidat eingesetzt wird, jemand anderer wie Hans-Jörg Schelling den Vizekanzler abgibt, bleibt als Szenario am Tisch. Es ist kaum vorstellbar, dass Kurz als Vizekanzler Kanzler Christian Kern sekundiert.

Kommt es zu Neuwahlen?

Es ist so gut wie ausgeschlossen, dass Kurz nicht das Kommando in der ÖVP nimmt, um sich monatelang in der Koalitionsarbeit verschleißen zu lassen. Deshalb ist davon auszugehen, dass man Neuwahlen vom Zaun bricht. Doch dafür braucht es eine Mehrheit. Stimmt die SPÖ nicht mit, muss Kurz bei FPÖ, Neos, Grüne anklopfen.

Indes hat FPÖ-Chef Heinz Christian Strache bereits den Weg frei gemacht für vorgezogene Neuwahlen. , "Wenn diese rot-schwarze Regierung nicht Willens, nicht in der Lage oder auch nicht fähig ist zu regieren, dann sind sofortige Neuwahlen der einzig ehrliche Weg", so Strache zur Kleinen Zeitung. "Der hundertste Neustart...sind für immer mehr Österreicher eine unterträgliche Zumutung....Die Bevölkerung soll daher die Chance erhalten, demokratisch neu zu wählen."