Der steirische SPÖ-Chef Michael Schickhofer will die Absurditäten der Landesgesetzgebung beseitigen - und hat dafür in den vergangenen Monaten ein Konzept ausarbeiten lassen, das er heute in Wien präsentiert hat. Die Gesetzgebung bleibt zwar Länderkonzept, wird aber den einzelnen Landtagen entrissen und auf die Ebene eines Generallandtags verlegt. Unter dem Slogan   "Ein Österreich - eine Gesetzgebung" soll es nicht mehr neun Jagd- oder Baurechten, sondern nur noch ein einziges Jagd- und Baurecht geben, das nicht vom Bund, sondern von den Ländern kollektiv beschlossen wird. Im Gegenzug könnte der Bundesrat abgeschafft werden. Eine solche Änderung der Gesamtverfassung müsste einer Volksabstimmung unterzogen werden.

In einer ersten Reaktion haben sich praktisch alle Landeshauptleute negativ zu dem Vorschlag geäußert. "Das ist ein undurchdachtes Konzept", erklärt Vorarlbergs ÖVP-Landeshauptmann Markus Wallner im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. "Außerdem hat es einen schweren Denkfehler. Wer die Landtage abschafft, schafft die Finanzhoheit der Länder ab. Solche Vorhaben klingen immer gut, in der Praxis ist es allerdings so, dass es nicht einfacher, sondern komplizierter wird und die Standards nach unten nivelliert wird." Wallner verweist auf die liberale Vorarlberger Bauordnung, die moderne Architektur erst ermöglicht. "Die Steiermark ist ein wunderschönes Bundesland, aber die steirische Bauordnung will ich nicht bei uns."

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) erklärt, er ziehe es lieber vor, dass die Länder "eigenverantwortlich handeln statt wieder was zu zentralisieren." Deftiger Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): "Zentralistisch geführte Länder sind anfällig für zentralistische Führungspersönlichkeiten." Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), aktuell Chef der Landeshauptleutekonferenz, ortet in dem Vorschlag eine "Abschaffung des Förderalismus durch die Hintertüre." Auch Schickhofers Parteifreunde halten wenig davon: Kärnten Peter Kaiser (SPÖ): "Ein Generallandtag führt zu einer Abwertung der Landesverantwortung." Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl will dazu offiziell nichts sagen, hinter vorgehaltener Hand heißt es in Eisenstadt, "sehr begeistert sind wir nicht".

"Österreich ist extrem bürokratisiert"

Am Vormittag hatte der steirische SPÖ-Chef und Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer  seinen Vorschlag zur Vereinheitlichung der Landesgesetzgebung präzisiert. Laut Schickhofer soll der Bundesrat in einen Generallandtag umgewandelt werden. Dieser soll für Landesgesetze zuständig sein und künftig einheitliche Gesetze für alle neun Bundesländer beschließen.

"Österreich ist ein extrem bürokratisch organisiertes Land. Wir haben 3.000 Gesetze zu unterschiedlichsten Regelungsbereiche, wo eigentlich 300 Gesetze ausreichen würden", sagte Schickhofer am Freitag bei der Präsentation seiner Reformvorschläge, die gemeinsam mit Rechtsprofessoren der Universität Graz erarbeitet worden sind. Dazu kommen noch Bundesgesetze und Verordnungen. Laut Schickhofer gibt es zum Teil kuriose Unterschiede zwischen den Regelungen der Bundesländer, sei es bei Bauordnungen, dem Jugendschutz, Fischereigesetzen und vielen anderen Bestimmungen.

Wer in Österreich etwa ein Haus bauen will, muss in der Steiermark zwischen Gebäude und Grundstücksgrenze einen Mindestabstand von zwei Meter plus ein Meter für jedes Geschoß einhalten, in Niederösterreich beträgt der Mindestabstand drei Meter, in Kärnten wird er durch Schattenpunkte berechnet. "Unverständlich und ungerecht" sei etwa, dass eine Wiener Kinderbetreuerin wegen der unterschiedlichen Ausbildungen in steirischen Kindergärten gar nicht arbeiten darf oder Pflegerinnen und Pfleger in jedem Bundesland anders bezahlt werden.

Verschiedene Bauordnungen, Raumordnungen und Naturgesetze hemmten insbesondere die Wirtschaft. "Das verursacht auch viele Mehrkosten." Schickhofer geht davon aus, dass sich die Wirtschaft bei einer Vereinheitlichung der Landesgesetzgebung durch Vereinfachung und Beschleunigung langfristig "Millionenbeträge im dreistelligen Bereich" ersparen könnte.

Die Vorschläge der steirischen SPÖ hätten eine Gesamtänderung der österreichischen Bundesverfassung zur Folge. Für eine Umsetzung wäre daher eine Volksabstimmung sowie eine Zweidrittel-Mehrheit im Nationalrat und im Bundesrat notwendig. Schickhofer spricht von einem "realistischen Konzept", bei dem auch die Länder mitgehen könnten. "Es ist das sinnvollste, wir ersetzen diesen Bundesrat durch einen Generallandtag."

Die Landtage selbst blieben erhalten und würden sich künftig um Landesverfassungsrecht, Kontrollaufgaben sowie Landes- und Regionalentwicklung kümmern. Und die Landtage würden darüber hinaus auch den Generallandtag personell beschicken. Der Generallandtag würde neben der Landesgesetzgebung auch die bisherigen Agenden des Bundesrats übernehmen.

Schickhofer war heute in der Früh im Ö1-Morgenjournal zu Gast und betonte noch einmal die Ziele seines Vorstoßes: "Wir sind extrem bürokratisch organisiert, das nützt den Menschen nicht." Das Konzept sieht vor, dass der Bundesrat durch einen Generallandtag ersetzt wird. "Das beschleunigt die Verfahren und nützt der Wirtschaft. Außerdem sparen wir Milliardenbeiträge ein", sagt der SPÖ-Chef. Die Landtage sollen weiterhin die Verfassungskompetenz haben, "aber die übrigen 3000 Gesetze sollen in 300 zusammengefasst werden."

Der Livestream von der Pressekonferenz in Wien: