Noch bis Sonntag liegt der Entwurf zum Schulautonomiepaket der Regierung zur Begutachtung auf. In der Schlussphase der Begutachtung machen Lehrer und Eltern noch einmal gegen die Regierungspläne mobil. "Unsere Lehrer sollen so gestalten können, wie es ihre Schüler brauchen. Und diese Freiheit steht im Zentrum des Autonomiepakets. Es ist kein Sparpaket", betont Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ). Die Klassenschülerhöchstzahl soll fallen, so soll den Lehrern mehr Freiheit für die Lehrer geschaffen werden.

"Wenn das gut abgestimmt ist, vom Kindergarten bis zur Matura, kann sich da etwas sehr Kraftvolles entwickeln. Das hat schon seinen Charme", so Hammerschmid. Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (SPÖ) unterstützt sie. Bis zu acht Schulen sollen sich zu Clustern zusammenschließen können. Die Gewerkschaft ortet darin eine Mangelverwaltung.

Paul Kimberger, Vorsitzender der Arge Lehrer/innen, erklärte gestern in der ZiB 2, warum Lehrer und Eltern gegen die geplante Reform seien: "Dieses Autonomiepaket hat relativ wenig mit Pädagogik zu tun, es ist ausschließlich ein Struktur- und Organisationspaket, das uns nicht helfen wird bei den tagtäglichen Herausforderungen, die wir in den Klassen vorfinden", kritisiert Kimberger. Der Projektunterricht über Klassen und Schulstufen hinweg sei keine große Errungenschaft, das sei seit vielen Jahren bereits gelebte Realität. "Autonomie verstehe ich in Richtung pädagogische Freiheit und nicht in Richtung Struktur und Organisation", so Kimberger. Wenn wir wirklich pädagogische Freiheit bekommen, werden wir das unterstützen."

Allerdings werde das unter dem Titel der Kostenneutralität nicht gehen, die Probleme in den Klassen seien zu groß. Die Herausforderungen seien Migration, Integration, Begabungsförderung, Sonderpädagogik, hier werde das Paket nicht helfen. Die pädagogische Freiheit würde so nicht in den Klassen ankommen. Das Problem sei, dass die Auffassung von Autonomie eine unterschiedliche sein. Es brauche kleine Gruppen, Freiwilligkeit bei den Clustern, er lehnt eine Zentralisierung der Sonderpädagogik ab. Streik stünde jedoch überhaupt nicht im Raum, versicherte Kimberger.

Rund 1000 Stellungnahmen erwartet

Noch bis Sonntag liegt der Entwurf zur Begutachtung auf. Das heftig umkämpfte Vorhaben scheint kaum jemanden kaltzulassen, bis gestern Nachmittag waren im Bildungsministerium bereits knapp 900 Kommentare und Änderungsvorschläge zum Gesetzespaket eingelangt, bis Sonntag werden mindestens 1000 erwartet.

Lehrer und Eltern machen gegen das Paket mobil, allen voran die Personalvertretung der mehr als 13.000 Wiener Pflichtschullehrer, die gestern in der Stadthalle zur Informationsveranstaltung blies und dort wesentliche Änderungen am Reformpakt forderte. Verhandelt werden sollen sie ab 8. Mai. Ministerin Hammerschmid hatte allerdings schon zu Beginn der Begutachtungsfrist festgehalten, dass an den Eckpunkten des Pakets nicht mehr zu rütteln sei, und sie blieb auch gestern dabei. Zu diesen Eckpunkten zählen für die Ministerin sowohl die geplanten Zusammenschließungen mehrerer Schulen zu Clustern als auch die Befugnis der Direktoren und Clusterleiter, Gruppengrößen weitgehend selbstständig festzulegen.

Clusterbildung freiwillig

Genau diese Punkte sind es jedoch, die der Lehrer-Chefverhandler  Kimberger abgeändert sehen will. Clusterbildungen sollten demnach wenn, dann nur gänzlich freiwillig und in Abstimmung mit Eltern, Lehrern und Schülern erfolgen. Zudem müsse die Möglichkeit, Schülergruppen mit mehr als 25 Kindern zu bilden, überhaupt gestrichen werden. Die Lehrer befürchten, dass die Flexibilisierung der Gruppengrößen bei gleichzeitigem Lehrermangel unweigerlich zu größeren Klassen führen werde.

In dieses Horn stößt auch der Bundeselternverband. Vorsitzender Gernot Schreyer bezeichnet den Gesetzesentwurf als „abgehobenes Schreibtischpapier, dem die Erdung fehlt“. Eine vernünftige Reform lasse sich nicht ohne zusätzliche Finanzmittel bewerkstelligen. „Wir brauchen mehr Geld.“ Eine Forderung, die sich wie ein roter Faden durch etliche der eingebrachten Stellungnahmen zieht.

Nicht mehr Geld

Mehr Geld soll es laut Gesetzesentwurf allerdings nicht geben. Vorgesehen ist, dass die Mittel insgesamt gleich bleiben, sich aber künftig je nach Bedarf anders verteilen sollen. „Erstmals wird damit festgeschrieben, dass sich an den Ressourcen nichts ändert. Das ist also kein Sparpaket“, begegnet Hammerschmid entsprechenden Befürchtungen seitens der Eltern und Lehrer.

Entgegenkommen signalisiert die Ministerin dafür in zwei anderen Punkten. So sieht der Entwurf vor, die Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik (ZIS) abzuschaffen. Diese an Sonderschulen angebundenen Einrichtungen diagnostizieren bislang den sonderpädagogischen Förderungsbedarf von Kindern und teilen sie bestimmten Schulen zu. Eine Funktion, die auf die neu geplanten Bildungsdirektionen in den Ländern übergehen soll. Eltern und Lehrer fürchten eine Zentralisierung der Sonderpädagogik, weshalb das Gesetz jetzt überarbeitet werden soll.

Ganztagsschulen

Auch die ursprünglichen Pläne, wonach Ganztagsschulen freitags und an einem weiteren Wochentag künftig nur noch bis 13 Uhr Lernzeit anbieten sollten, dürften so nun doch nicht umgesetzt werden. Der regelmäßige Wechsel zwischen Unterricht, Lernen und Freizeit wäre damit in den verschränkten („echten“) Ganztagsschulen nur noch eingeschränkt möglich gewesen.

Vorsichtig begrüßt wird das Reformpaket indes von den Schülern als „Schritt in die richtige Richtung“. „Es braucht aber noch mehr Reformen, um unser Bildungssystem nachhaltig zu verbessern“, sagt Bundesschulsprecher Harald Zierfuß.