Der neue Gemeindebundpräsident Alfred Riedl (ÖVP) spricht sich klar gegen den von SPÖ und ÖVP geplanten vorgezogenen Wahltag aus. Stattdessen plädiert Riedl im APA-Interview für eine Briefwahl-Reform und dafür, dass Bund und Länder die Kosten für ihre Wahlen selbst übernehmen. Die Investitionszuschüsse für Gemeinden begrüßt Riedl, fordert aber eine Lösung für besonders finanzschwache Kommunen.

Scharfe Kritik übt Riedl an den Regierungsplänen zur Wahlrechtsreform. Konkret fordert er den Verzicht auf den vorgezogenen Wahltag, der den für die Abwicklung der Wahlen zuständigen Gemeinden zusätzliche Kosten verursachen würde.

"Es reicht ein Wahltag"

"Ich verstehe die Welt nur mehr bedingt: Wenn wir mit der Briefwahl Probleme haben, dann sollte man die anständig lösen", sagt Riedl. "Das ist dann ein optimales Angebot für die Wähler und es reicht der (eine, Anm.) Wahltag." Riedl hofft hier auf eine "gemeinsame, einheitliche Sprache" aller Bürgermeister im Nationalrat. Außerdem fordert Riedl von der Regierung "Kostentransparenz" bei Wahlen, dass also Bund und Länder die Kosten für ihre Wahlen jeweils selbst übernehmen.

Gemeindefusionen unter Zwang lehnt Riedl ab. "Größer ist nicht billiger", betont der Gemeindebund-Chef, angesprochen auf die vergleichsweise kleinteilige Gemeindestruktur (die Hälfte hat weniger als 1.800 Einwohner, im Burgenland, Niederösterreich und Tirol ist der Wert noch niedriger). Riedl sieht bei den Verwaltungskosten zwar eine "optimale Größe" von 2.000 bis 7.000 Einwohnern, für andere Aufgaben gebe es aber andere Richtwerte. So könnten bis zu 30 Gemeinden bei der Abgabeneinhebung zusammenarbeiten: "Wir setzen statt Fusion auf Kooperation."

Gemeinden fehlen die Eigenmittel

Grundsätzlich begrüßt werden von Riedl die geplanten 175 Mio. Euro schweren Investitionszuschüsse des Bundes für Gemeinden. Er gibt aber zu bedenken, dass besonders finanzschwache Kommunen davon nicht profitieren, weil der Bund nur maximal ein Viertel der Investition übernimmt und diese Gemeinden die nötigen Eigenmittel nicht stemmen können. "Wir werden mit nur 25 Prozent nicht in die Fläche kommen", so Riedl. Der Gemeindebund plädiert daher für höhere Zuschüsse für finanzschwache Gemeinden.

Mehr Geld vom Bund fordert Riedl auch zur besseren Integration von Migrantenkindern in Schule und Kindergarten. Zwar begrüßt er, dass Gemeinden mit größeren Herausforderungen mehr Mittel erhalten sollen ("Aufgabenorientierung"). Das dürfe aber nicht auf eine bloße Umverteilung zwischen den Gemeinden hinauslaufen, denn vielfach falle es ihnen schon jetzt schwer, einen ausgeglichenen Haushalt zustande zu bringen: "Dass man dort nichts wegnehmen kann, ist selbstverständlich."

Grundsätzlich warnt Riedl vor einer Überlastung der Gemeinden bei der Flüchtlings-Integration. "Es gibt schon eine Leistungsgrenze", betont der ÖVP-Politiker. Dass Flüchtlinge künftig gemeinnützige Arbeit leisten sollen, begrüßt er: "Wenn jemand aus der Gemeinschaft unterstützt wird, dann hat er eine gewisse Verpflichtung, etwas in die Gemeinschaft einzubringen."

Dementsprechend sieht Riedl auch die "Aktion 20.0000" positiv, bei der die Regierung ältere Arbeitslose mit kommunalen Jobs versorgen will. Riedl gibt aber zu bedenken, dass damit strukturelle Probleme - etwa fehlende Sekretariate in Schulen - nicht behoben werden könnten, weil die entsprechenden Bundesmittel auf zwei Jahre befristet sind. "Das Wort Anschubfinanzierung, das möchte ich in Wahrheit nicht mehr hören", kritisierte Riedl derartige Förderungen mit Ablaufdatum.