Sie waren in Sachen U-Ausschuss bisher skeptisch, jetzt stimmen Sie zu. Warum der Schwenk?

HEINZ-CHRISTIAN STRACHE: Ich habe immer gesagt, wir können uns einen neuerlichen U-Ausschuss vorstellen, dazu bedarf es aber neuer Hinweise. Doskozil und Pilz haben lange nichts vorgelegt, es sah nach einer Ego-Show aus. Schließlich ist man meiner Einladung nachgekommen. Pilz hat mir beim Kaffee seine Unterlagen gezeigt.

Haben Sie zugestimmt, weil Sie sonst Gefahr liefen, als Bremser vorgeführt zu werden?

STRACHE: Nein, hätte es keine neuen Hinweise gegeben, wäre es nicht dazu gekommen. Ich habe nichts zu verbergen, die FPÖ hat nichts zu verbergen, wir sind sauber. Ich habe schon als kleiner Landesfunktionär im Vorfeld des Eurofighter-Kaufs die damalige Parteispitze kritisiert. Es kam dann zur Spaltung in Knittelfeld. Die damaligen Verantwortlichen befinden sich geschlossen bei ÖVP und BZÖ.

Laufen Sie nicht Gefahr, der Steigbügelhalter für Peter Pilz zu sein, der in den nächsten Wochen seine Show abziehen wird?

STRACHE: Nein, die FPÖ ist der größere Teil dieses Minderheitsantrages. Ohne uns wäre das nicht möglich geworden. Es ist ja keine Liebesbeziehung, die da entsteht, es geht um Aufklärung. Ich habe Pilz gesagt, es kann da keine Ego-Show geben. Der U-Ausschuss ist kein Tribunal, kein Gericht.

Sie sagen, die FPÖ hat keine Leichen im Keller, aber versöhnen Sie sich in Klagenfurt nicht mit einem Teil, der womöglich solche im Keller hat?

STRACHE: Wir haben immer gesagt, es muss alles aufgearbeitet sein. Das sehen wir heute im Wesentlichen erfüllt. Mit der neuen Mannschaft ist die Gewährleistung da, dass wir wieder die Familie unter ein gemeinsames Dach zusammenführen.

Wenn jemand dabei ist, der beim Eurofighter eine Rolle gespielt hat, fliegt er aus der Partei.

STRACHE: Jeder, der eine strafrechtliche Rolle gespielt hat, hat bei uns nichts verloren.

Es fällt auf, dass Kurz, Sobotka, Doskozil Ihnen die Themenführerschaft streitig machen. Warum muss man noch FPÖ wählen?

STRACHE: Gerade deshalb muss man FPÖ wählen. Wir haben mit unseren Themen recht behalten. Hätte man auf uns gehört, hätte es die dramatischen Fehlentwicklungen nicht gegeben. Knapp vor einer Wahl kommt man drauf, dass unser Weg doch der richtige ist. Wir sind das Original, die Kopie sind die anderen. Kurz hat bis heute kein einziges Rückübernahmeabkommen ausgehandelt. Alle unsere Anträge zum Burka-Verbot sind abgelehnt worden, und jetzt wurde ein Kopftuchverbot für Polizistinnen und Richterinnen beschlossen. Das ist doch alles nicht glaubwürdig.

Kurz stiehlt Ihnen die Show?

STRACHE: Überhaupt nicht. Es wird nur bestätigt, dass man lieber gleich FPÖ wählen sollte. Es ist nicht sonderlich glaubwürdig, wenn die einstigen Brandverursacher jetzt auch den Brandlöscher spielen.

Kurz setzt auf das CSU-Konzept, wonach rechts kein Platz für andere Parteien sein sollte.

STRACHE:  Da sind wir heute als FPÖ schon positioniert. Für andere Parteien gibt es keinen Platz.

Was hätten Sie in der Vergangenheit anders gemacht? Hätten Sie 2015 Zäune in Nickelsdorf errichtet?

STRACHE: Wir hätten mit den Ungarn und den anderen Südosteuropäern einen Weg gefunden, gemeinsam die Grenzen zu sichern.

Die Leute waren ja schon alle in Ungarn. Hätten Sie die Leute zurückgedrängt?

STRACHE: Faymann hat damals eine Einladung ausgesprochen, und weil er Orbán kritisiert hat, hat dieser die Leute zu uns geschickt. Die EU hätte an den Außengrenzen tätig werden müssen.

Die Leute waren schon da. Was hätten Sie getan? Hätten Sie einen Zaun errichtet?

STRACHE: Wenn ich Regierungschef gewesen wäre, hätte ich mit anderen europäischen Kollegen den Druck so aufgebaut, dass es gar nicht so weit kommt.

Sie meinen, Sie hätten Merkel umgestimmt? Das glauben Sie doch selbst nicht.

STRACHE: Nicht nur Frau Merkel, auch die österreichische Regierung hat komplett versagt. Wir hätten zumindest Registrierungen vornehmen, die Leute an der Grenze kontrollieren müssen. Wir wissen heute, dass da ein großes Gefährdungspotenzial entstanden ist.

Wie glaubwürdig sind Sie, wenn Sie einen Zuwanderungsstopp versprechen? Im letzten Jahr kamen 60.000 aus dem EU-Raum nach Österreich. Wie wollen Sie die stoppen?

STRACHE: Das ist ein Missverständnis. Innerhalb der EU haben wir die Reisefreiheit. Es geht um Personen aus den Drittstaaten. Wir müssen die Asylindustrie stoppen. Das gehört abgestellt.

Ein Hauptproblem sind doch auch die Osteuropäer am heimischen Arbeitsmarkt.

STRACHE: Wir haben immer gesagt, dass die Osterweiterung zu früh gekommen ist und die Übergangsfristen zu kurz waren. Wir haben recht behalten.

Der Beitrittsvertrag trägt die Unterschrift des Herrn Gorbach. Das ist doch die Truppe, mit der Sie sich versöhnen wollen.

STRACHE: Sie verwechseln Äpfel mit Birnen. Mit den ehemaligen Regierungsmitgliedern versöhnt sich keiner. Die führenden Personen, die damals zum BZÖ gegangen sind, sind bei uns nicht erwünscht.

Sie stellen sich am Parteitag der Wiederwahl. Zunächst hieß es, Hofer würde nicht reden, warum eigentlich?

STRACHE: Natürlich kann er reden. Wir sind die geschlossenste Partei, die SPÖ hat ihren Parteitag abgesagt, bei der ÖVP weiß man nicht, wer bald das Sagen hat.

Hofer hat im ersten Durchgang 35 Prozent gemacht, mehr als Sie jemals. Wäre er nicht der bessere Kandidat, weil er breiter aufgestellt ist?

STRACHE: Sie verwechseln wieder Äpfel mit Birnen. Khol und Hundstorfer waren keine ernst zu nehmenden Konkurrenten. Eine Nationalratswahl ist etwas anderes als die Bundespräsidentenwahl.

Hofer verkörpert die freiheitliche Politik mit menschlichem Antlitz. Es haben viele Leute Hofer gewählt, die vorher noch nie FPÖ gewählt haben.

STRACHE: Das ist der Beweis, dass wir den richtigen Kandidaten aufgestellt haben. Hätte es auch in Wien eine Stichwahl gegeben, wäre ich in eine solche mit Häupl gekommen, diese wäre auch sehr knapp ausgegangen. Was die Breite betrifft: Ich habe in Wien 30 Prozent gemacht, da gab es nicht einen, sondern viele Gegenkandidaten.

Ist nicht das Problem der FPÖ, dass sie den Unmut der Unzufriedenen kanalisiert, aber zu wenig für eine Regierungspartei anbietet?

STRACHE: Das stimmt nicht. Der „Falter“ hat im Jahr 2010 geschrieben, Strache ist in der Mitte angekommen. Unser Erfolg beruht darauf, dass wir nicht monothematisch agieren, sondern in unterschiedlichen Themenbereichen glaubwürdig sind. In meiner Obmannschaft wird zum vierten Mal das 300-seitige Handbuch aktualisiert. Wir stehen in der Mitte der Gesellschaft.

Das Wirtschaftsprogramm liegt noch nicht vor?

STRACHE: Sie irren. Wir haben schon unzählige Konzepte vorgestellt, hier geht es nur um eine Aktualisierung.

Sie wollen bei der Nationalratswahl Erster werden. Wenn Sie nicht Erster werden, treten Sie zurück als FPÖ-Chef?

STRACHE: Mit Sicherheit nicht. Entscheidend ist, den Erfolgsweg, den wir vor zwölf Jahren begonnen haben, fortzusetzen. Als ich als Obmann begann, hatten wir drei Prozent. Wir wollen von den 20,5 Prozent, die wir 2013 erreicht haben, bei der Wahl deutlich zulegen.

Dann müssen Sie hoffen, dass Kurz nicht antritt.

STRACHE: Ich bin offen für jeden. Ich habe mit niemandem ein Problem, weder mit dem Herrn Kern noch mit dem Herrn Kurz. Die Bürger werden sich schon das richtige Urteil bilden.

Das Interview führte Michael Jungwirth