Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat am Sonntag erneut für eine Halbierung der Asyl-Obergrenze auf 17.000 geworben. Angesichts hoher Arbeitslosenzahlen könne das System sonst nicht genügend Integration leisten, warnte er in der ORF-"Pressestunde": "Daher muss man das Nachschieben der Migranten begrenzen." Auch einen Zusammenhang zwischen Zuwanderung und Kriminalitätsanstieg postulierte er.

Von 2015 auf 2016 sei die Kriminalität um drei Prozent gestiegen. Migration einzuschränken helfe, das zu verhindern, meint Sobotka. Die Halbierung der Obergrenze sei mit dem Koalitionspartner derzeit zwar nicht umsetzbar, aber die SPÖ verändere sich und rücke in die Mitte. Sobotka verwies hier auf Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, der bezüglich Sicherheitspolitik nicht mehr Außenseiter seiner Partei sei.

Er selbst sei kompromissbereit und ein "leutseliger Mensch", meinte er zu kolportierten Vorwürfen, als Provokateur oder Sprengmeister der Koalition zu agieren. Es gehe bei der Zuwanderung aber auch um die Stimmung der Menschen. "Fragen Sie die Leute draußen", sagte Sobotka: "Ich gehe den Kompromiss ja schon mit der Bevölkerung ein, weil manche sagen, es muss Null sein."

Seine Rolle bei den Verhandlungen zum überarbeiteten Regierungsprogramm spielte der Minister herunter: "Dass ich zu dem Pakt stehe, brauche ich ja nicht zu betonen." Die Aufregung darüber, dass er zuerst nur seinen eigenen Teil des Programms habe unterzeichnen wollen, sei "Teil der Inszenierung", kritisierte er die SPÖ unter Kanzler Christian Kern und auch dessen Sticheleien um Sobotkas Charterflug-Kilometer. Überhaupt befinde sich die SPÖ seit Kerns Rede in Wels im Wahlkampfmodus.

Sobotka erntete für seine Äußerungen viel Kritik und wenig Zustimmung. Die FPÖ ortete kaum noch zu übertünchende Zerwürfnisse der Regierung, die Grünen sahen Grundfreiheiten in Gefahr, die SP-Gewerkschafter das Demonstrationsrecht. Nur das Team Stronach fühlte sich in seiner Kritik ernst genommen.

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl sah SPÖ und ÖVP nach Sobotkas Auftritt bereits zu 95 Prozent im Wahlkampf. "Die restlichen fünf Prozent fließen in die permanente innerkoalitionäre Krisenbewältigung und in Scheinaktivitäten", meinte er in einer Aussendung. Die Asyl- und Migrationspolitik sei eines der besten Beispiele für die De-facto-Handlungsunfähigkeit der Regierung. Die Zuwanderung müsse gestoppt werden, so Kickl.

Gänzlich anders gestaltete sich die Kritik der Grünen. "Statt ständig neue absurde Überwachungsvorschläge zu machen, sollte Sobotka endlich eine Nachschulung in Verfassung und den dort garantierten Grundfreiheiten machen, von denen er offensichtlich nicht den blassesten Schimmer hat", erklärte der stellvertretende Klubobmann der Grünen, Albert Steinhauser.

Willi Mernyi, Bundesgeschäftsführer der Fraktion sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG), zeigte sich über Sobotkas Gedankenwelt verwundert. Für die Gewerkschaften sei eine Einschränkung des Demonstrationsrechtes völlig indiskutabel.

Leise Zustimmung kam hingegen vom Team Stronach. "Es ist erfreulich, dass der Innenminister unsere Warnungen und Kritik angesichts der Flüchtlingskrise ernst nimmt", so Generalsekretär Christoph Hagen. Für Jubel sei es aber noch zu früh, "denn bei den Abschiebungen sind die Zahlen noch weit von dem entfernt, was nötig wäre".

Kritik an seinen diversen Gesetzesvorschlägen ließ Sobotka nicht gelten. Beim Demonstrationsrecht versprach er einen verfassungs- und menschenrechtskonformen Entwurf, und auch sein Sicherheitspaket verteidigte er. Zur Warnung des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, Gerhart Holzinger, das Ziel der Sicherheit nicht auf Kosten der Freiheit uneingeschränkt zu verfolgen, meinte er, dass man diese Güter nicht gegeneinander ausspielen könne. "Ohne Rechtsstaatlichkeit gibt es auch keine Freiheit", daher sei es sein Bestreben, Rechtsstaatlichkeit "umgehend und durchgehend" sicherzustellen.

In Sachen Terrorprävention gebe es zwar eine gute Ausgangssituation, man müsse - von der Videoüberwachung bis zur anlassbezogenen Telefonüberwachung - aber nach Vorbild anderer Länder präventiv wirken. "Wir wissen, dass wieder einer stattfindet. Wir wissen nicht wann und wo", sagte er zur Gefahr künftiger Terroranschläge.