Der ÖVP-Chef, Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner scheint im laufenden Monat, das voller politischer Reden und Klausuren gewesen ist, die Schlagzahl zu erhöhen. Bezogen auf das geplante "Update" des SPÖ-ÖVP-Regierungsprogramms forderte Mitterlehner im APA-Gespräch, dass die Kalte Progression abgeschafft werden müsse.

"Wir wollen eine automatische, unbürokratische Entlastung aller Steuerzahler, sobald die Inflationsrate einen bestimmten Wert überschreitet. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit", so der Vizekanzler. ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling sprach auf den Wert bezogen zuletzt von fünf Prozent Inflation.

"Die Abschaffung der Kalten Progression soll aber nicht Anlass für eine neue Umverteilung sein, wie das die Sozialisten wollen", fügte der Sprecher der Plattform für Leistung und Eigentum sowie langjährige frühere ÖVP-Nationalratsabgeordnete Günther Stummvoll hinzu. Mit Vertretern der ÖVP-nahen Plattform hatte sich Mitterlehner zuvor getroffen. Entlastet sollen aus ÖVP-Sicht jedenfalls jene werden, die auch Steuern zahlen. 25 Prozent der Lohn- und Einkommenssteuerzahler würden 80 Prozent des Aufkommens finanzieren, erinnerte Stummvoll.

Okö-Steuern dürfen kein Standortnachteil sein

Mitterlehner und auch die Mittelstandsplattform wollen das Steuersystem auch in Sachen der Körperschaftssteuer (KÖSt) ändern. Sie denken die Senkung dieser Unternehmenssteuer an. "Das muss natürlich budgetär verträglich sein", betonte Mitterlehner hierzu. Das Budget gehöre durchforstet, könne gleichzeitig nicht übermäßig strapaziert werden.

Mittelfristig sollten auch ökologische Aspekte - im internationalen Einklang - ins Steuersystem Einzug halten, so Mitterlehner. Ein Standortnachteil dürfe dadurch aber nicht entstehen.

Neben der Steuerreform, die Mitterlehner "eh klar" will, fordert er auch weiterhin eine Flexibilisierung der Arbeitszeit. Ein wichtiger Faktor für die Betriebe sei es, zu "arbeiten, wenn Arbeit anfällt". Im Bereich Arbeit müsse auch die Digitalisierung dadurch verstärkt Einzug halten, dass man die Lehrberufe digitalisiere - das gelte unter anderen Berufsgruppen vor allem für den Handel und technikintensive Jobs, so Mitterlehner.

Das Dauerthema Entbürokratisierung will Mitterlehner weiter auch über den Arbeitnehmerschutz angehen, "wo es nach wie vor zu hohe Strafen und exorbitante Kontrollen" gebe. Das Arbeitnehmerschutzgesetz müsse Richtung Beratung statt Strafe umgebaut werden, bekräftigte der Vizekanzler.

Österrreich soll wieder Topstandort werden

Und wie geht sich eine Einigung mit dem größeren Koalitionspartner SPÖ aus? Wo sind die Schnittmengen? "Wir werden vieles versuchen in den kommenden drei Wochen zu klären. Manche Themen wie die Steuerreform werden durchaus einen mehrmonatigen Anlauf und Entscheidungsspielraum benötigen. Manche Dinge wie die Flexibilität der Arbeitszeit und Regelungen wie zur Entgeltfortzahlung kann man schneller lösen."

Beim Treffen von Mitterlehner mit Vertretern der Mittelstandsplattform ging es darum, wie man Österreich voranbringen könne, sagte der ÖVP-Chef. "Wir haben uns aufs gemeinsame Ziel geeinigt, dass der Standort Österreich unter die Top-10-Staaten der Welt und in die Top-5 Europas soll", so Mitterlehner mit Verweis auf Rankings des World Economic Forum (WEF). "Das bedingt, dass wir unsere Wettbewerbsfähigkeit erhöhen", so der Wirtschaftsminister. Die Möglichkeiten der Wirtschaft müssten erweitert und forciert werden, um Arbeitsplätze und gute Einkommen zu sichern. Dazu dienen die genannten Punkte im Sinne der angestrebten Steuerreform.

Keine Angst vor Trump

Vor der Angelobung von Donald Trump als US-Präsident gibt sich Mitterlehner gelassen. Zuletzt hatten gewisse Aussagen des designierten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika für einige Aufregung in Europa - vor allem in EU und NATO - gesorgt. "Es wird sich einspielen. Das ist die Erwartungshaltung", sagte Mitterlehner im Gespräch mit der APA.

Der Wirtschaftsminister erwartet sich auch mehr "Faktenausrichtung" und weniger "Twitter-Kultur" wenn Trump einmal angelobt ist. "Trump wird die Vereinigten Staaten nicht auf Twitter-Basis regieren können", sagte Mitterlehner. Man könne in einem Unternehmen schließlich auch nicht am einen Tag so und am anderen Tag wieder anders entscheiden, gab der heimische Regierungspolitiker zu bedenken.