SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler reagiert zurückhaltend auf den ÖVP-Vorschlag, die Flüchtlingsobergrenze für 2017 auf rund 17.000 Personen zu halbieren. "Das Zusammenleben in Österreich muss funktionieren. Dazu bedarf es aber konkreter Maßnahmen und braucht es keine Zahlenspielereien, die nur Schlagzeilen produzieren sollen", so Niedermühlbichler am Mittwoch in einer Aussendung.

Die ÖVP hatte am Tag der Grundsatzrede von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) mit einer scharfen Ansage aufhorchen lassen: Die Asyl-Obergrenze, sagte ÖVP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner bei einer Pressekonferenz am Beginn der zweitägigen ÖVP-Klausur in Pöllauberg, soll heuer auf 17.500 Anträge halbiert werden. Dabei handle es sich laut Mitterlehner um den Schnitt der letzten Jahre vor 2015 und "um das, was wir verkraften können". Eigentlich beträgt die Obergrenze heuer 35.000 Asylanträge. 

De-facto-Flüchtlingsstopp

Und dies birgt einiges an politischer Sprengkraft. Denn im Grunde genommen würde die Forderung eine relativ zeitnahe Grenzschließung für sämtliche Asylwerber bedeuten. Der Grund dafür: Weil rund 14.000 liegengebliebene Anträge aus dem Vorjahr erst heuer behandelt werden, liegt die eigentliche Obergrenze für das Jahr 2017 auch nach derzeitigen Regelungen nur noch bei etwas mehr als 20.000 Anträgen. Denn von den Anträgen aus dem Vorjahr, heißt es aus dem Innenministerium, "dürfte ein Großteil auch zum Verfahren zugelassen werden". Die von der ÖVP geforderte Halbierung der Obergrenze würde also nur noch Spielraum für rund fünftausend heuer gestellte Anträge bergen – und weil laut Innenministerium jede Woche etwa 420 neue Asylanträge gestellt werden, dürfte Österreich dann bei gleichbleibendem Zustrom spätestens im Sommer keinen einzigen Asylantrag mehr zulassen. Darauf angesprochen gab Mitterlehner zu, dass dies "eine harsche Forderung" sei – "aber sicherlich eine notwendige". Denn mit der Integration bereits angekommener Flüchtlinge habe man jetzt schon teils "große Probleme", sagte Mitterlehner.

Was dann allerdings mit jenen Ankömmlingen passieren soll, die in Österreich keinen Antrag mehr stellen dürfen, ist noch relativ unklar. Darüber, erklärte Mitterlehner, habe man sich in den internen Gesprächen noch nicht wirklich unterhalten: "Das wird man dann im nächsten Schritt diskutieren". Nur so viel: Für abgewiesene Flüchtlinge könne sich der ÖVP-Chef sogenannte "Zwischenlager" vorstellen, sagte er. Innenminister und Parteikollege Wolfgang Sobotka rückte kurz darauf zur Konkretisierung aus: Kasernen würden sich ihm zufolge gut als "Transitzonen" eignen. Darüber habe er zwar mit Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) noch nicht gesprochen, man werde dies aber bald mit ihm diskutieren. Geht es nach Sobotka, soll die "neue" Obergrenze gleich ins momentan begutachtete Fremdenrechtsgesetz geschrieben werden – könnte also noch im Frühjahr beschlossen werden.

Klubobmann Reinhold Lopatka erklärte das Vorpreschen der ÖVP damit, dass "eine Umfrage von uns ergeben hat, dass die Menschen aufgrund der Migrationsbewegungen ein großes Unsicherheitsgefühl haben" - und dem wolle man nun entgegenwirken. 

Sowohl die FPÖ als auch das Team Stronach halten die Forderung von ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner nach einer Halbierung der Obergrenze für zugelassene Asylverfahren auf 17.000 für zu kurz gegriffen. Während Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner die Grenze bei maximal 5.000 Asylwerbern pro Jahr ziehen will, erklärte Team Stronach-Klubobmann Robert Luger, er wolle eine "Obergrenze Null".

Fußfessel für Gefährder

Ebenfalls hat man sich in der ÖVP darauf geeinigt, dass potenzielle Terrorverdächtige bald via Fußfessel überwacht werden sollen. Justizminister Wolfgang Brandtstetter (ÖVP) soll Befugnisse prüfen, laut denen man "Gefährder offensiver überwachen kann", sagt Mitterlehner. Ebenfalls Druck macht die ÖVP in Sachen Integrationsgesetz: "In den nächsten Wochen", sagt Mitterlehner, "müssen wir uns da mit dem Koalitionspartner einig werden". Die ÖVP tritt hierbei für ein Vollverscheleierungsverbot und verpflichtende gemeinnützige Arbeit für Asylwerber ein.