Der scheidende Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo), Karl Aiginger, hält die von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) geforderten verpflichtenden Ein-Euro-Jobs für Asylberechtigte für einen möglichen Weg, Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Der Vorschlag müsse aber "nicht mit der Keule des Entzugs von Sozialleistungen verbunden sein", meinte Aiginger am Samstag im Ö1-"Journal zu Gast".

Nach Ansicht Aigingers müsse man einen zweiten Arbeitsmarkt schaffen. Dieser dürfe aber den normalen Arbeitsmarkt nicht stören, er müsse befristet und begrenzt sein und es müsse ein Übergang vom zweiten in den ersten Arbeitsmarkt möglich sein.

Für Dienstleistungsscheck

Im "Standard" schlägt Aiginger eine Abwandlung des Ein-Euro-Modells vor, indem Arbeitgeber Flüchtlinge mit dem Dienstleistungsscheck bezahlen können sollten. Arbeitgeber könnten sich dann aussuchen, wieviel sie einem Flüchtling für eine Stunde arbeite bezahlen, ob also bloß einen Euro oder den vollen Mindestlohn. Das Modell könnte auf Gemeindeebene ebenso zum Einsatz kommen wie in der Privatwirtschaft. Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) hatte zuletzt die Öffnung des Dienstleistungsschecks für Asylwerber gefordert, was die ÖVP ablehnt.

In der von der Regierung geplanten Notverordnung, um Flüchtlinge schon an den Grenzen abweisen zu können, sieht Aiginger "mit schwerem Herzen" eine politische Notwendigkeit. Im Ö1-Interview gestand er zu, dass man nicht wieder 90.000 Asylwerber aufnehmen könne und es jetzt eine restriktivere Politik geben müsse.

Einstieg erleichtern

Ebenso wie Aiginger hält auch der OECD-Migrationsexperte Thomas Liebig Ein-Euo-Jobs dann für sinnvoll, wenn der Schwerpunkt darauf liegt, Flüchtlingen den Einstieg in den regulären Arbeitsmarkt zu erleichtern. Die Arbeitsplätze sollten also in der Regel gerade bei Niedrigqualifizierten einen Trainings- oder Ausbildungscharakter enthalten, so Liebig im "Standard".

Heinz Faßmann, Vorsitzender des Expertenrats für Integration, plädiert ebenfalls dafür, die Ein-Euro-Jobs mit der beruflichen und sprachlichen Ausbildung der Flüchtlinge zu koppeln. Er hält sie für Niedrigqualifizierte für gut, für Hochqualifizierte hingegen für kontraproduktiv. Die Verpflichtung und die von Kurz vorgeschlagenen Sanktionen sollte man nach Ansicht des Beraters des Integrationsministers aber überdenken, wie er im Ö1-"Mittagsjournal" und im "Standard" ausführte. Für ihn ist es fraglich, ob es überhaupt genügend Angebote für solche Jobs gibt.

Auch für Mindestsicherungs-Bezieher

Die Schaffung eines zweiten Arbeitsmarktes schlägt auch der Arbeitsrechtler Wolfgang Mazal, ebenfalls Mitglied des Expertenrates für Integration und Kurz-Berater, vor. Dort solle es nicht nur für Flüchtlinge, sondern für alle Bezieher von Mindestsicherung Jobs geben. Die Höhe der Bezahlung solle sich nach der Anforderung richten. Bei anspruchsvolleren Tätigkeiten könne es auch eine Bezahlung über dem Satz der Mindestsicherung geben. Zur Annahme solcher Jobs könnten die Betroffenen schon aufgrund der geltenden Rechtslage gezwungen werden, weil sonst die Mindestsicherung gekürzt oder gestrichen werde, erläutert Mazal in der "Presse".