Unter dem Motto "Grenzen überwinden" und im Zeichen des Gedenkens an das Attentat in Orlando hat am Samstag die 21. Wiener Regenbogenparade stattgefunden. Rund 130.000 Menschen nahmen laut Veranstalter an dem Umzug über die Ringstraße gegen die Diskriminierung von Homosexuellen teil. Erstmals sprach mit Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) ein Regierungschef bei der Abschlusskundgebung im Votivpark.

Für Toleranz und Vielfalt

"Mein Name ist Christian Kern. Ich bin hier, um mit euch für Toleranz und Vielfalt einzutreten", sagte Kern unter lautem Applaus des Publikums. "Ja ich bin der Bundeskanzler und ich bin auf der Regenbogenparade, aber na und? Mein Gott, es ist 2016 und die Zeit dafür war überreif." Der designierte SPÖ-Chef betonte, gemeinsam mit der Community für die Gleichstellung von Homosexuellen eintreten zu werden. Es sei "beschämend", dass es heute noch keine vollständige Gleichstellung in Österreich gebe.

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Zuvor hatte sich der designierte Präsident des Bundesrats, Mario Lindner (SPÖ), im Rahmen der Abschlussveranstaltung auf der Bühne geoutet: "Ich werde in einigen Tagen zum Präsident des Bundesrats ernannt, ich werde in dieser Funktion den neuen Bundespräsidenten angeloben und ich bin schwul", sagte er.

Die Parade war bei strahlendem Sonnenschein und mit gewohnt buntem Publikum um den Ring gezogen. Angeführt wurde sie von einer Gruppe mit dem Titel "Victims of Hate Crimes - Marching for those who can't". Auch der traditionelle "Moment des Gedenkens" stand heuer im Zeichen des Gedenkens an die Opfer des Attentats in Orlando. Insgesamt zogen rund 20 große Trucks und zahlreiche kleinere Wagen und Fußgruppen um den Ring.

"Wunderschöne Parade"

Die Organisatoren Christian Högl und Lui Fidelsberger vom Verein HOSI (Homosexuelle Initiative) freuten sich über die gelungene Veranstaltung. "Es war auch dieses Jahr eine wunderschöne Parade", sagte Fidelsberger beim Abschlussfest. "Wir sind gemeinsam aufgestanden gegen Intoleranz und gegen Hass."

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Der Demo-Marathon in der Wiener Innenstadt hatte Samstagmittag mit dem "Marsch für Jesus" begonnen. Laut Polizei hatten sich rund 10.000 Menschen für den Umzug um den Ring am Heldenplatz getroffen. Die Veranstalter sprachen von 15.000 bis 18.000 Teilnehmern. Auch Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Kardinal Christoph Schönborn nahmen an dem Treffen Gläubiger unterschiedlicher Konfessionen teil.

Zeitgleich mit dem Start der Regenbogenparade trafen sich außerdem deren Gegner am Albertinaplatz. Sie riefen einmal mehr zum "Marsch für die Familie" auf, um für die "klassische Form der Familie" und gegen "gesellschaftspolitische Irrwege" zu demonstrieren. Die eher kleine Gruppe lauschte vor der Albertina mit Schildern mit der Aufschrift "Familie = Vater, Mutter, Kinder" und "Abtreibung ist Mord" einer Kundgebung.

"Eure Tradition ist unser Hass"

Die Sozialistische Linkspartei SLP hat unterdessen wiederum mit Trommeln und "Eure Tradition ist unser Hass"-Plakaten gegen die Paraden-Gegner mobil gemacht. Sie demonstrierten, durch Polizeisperren vom "Marsch der Familie" abgetrennt, unter dem Motto "Frauenrechte verteidigen". Zwischenfälle gab es laut Polizei bei den verschiedenen Demonstrationen keine.

Die Regenbogenparade zog heuer nicht "andersrum", sondern in Fahrtrichtung um den Ring, um sich nicht mit dem zuvor abgehaltenen "Marsch für Jesus" in die Quere zu kommen. Zum Abschluss kam sie mit Bands, DJs und Ansprachen von Politikern der SPÖ, der Grünen und der NEOS bei der finalen "Celebration" im "Regenbogenpark" im Votivpark.