Der Rücktritt von Werner Faymann als Bundeskanzler
und SPÖ-Chef und die Kür von Christian Kern als dessen Nachfolger dürfte laut Experten-Meinung nur geringe Auswirkungen auf den Ausgang der Bundespräsidentschaftswahl haben. Einfluss könnte das
Thema auf die Wahlbeteiligung haben, sagte Polit-Berater Thomas Hofer zur APA. Auch Meinungsforscher Peter Hajek rechnet mit nur geringen Auswirkungen.

Für Hofer "nicht ideal"

Aus Sicht des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer könnte es vielleicht nicht die "ideale Variante" sein, dass die SPÖ bereits vor der Wahl ihre Personalentscheidung gefällt hat, meinte Thomas Hofer. "Die ideale Variante (für Hofer, Anm.) wäre gewesen, dass Werner Faymann bleibt. Das wäre für Norbert Hofer das Wunschszenario gewesen." Gleichzeitig betonte der Experte, er würde dieses Thema auch nicht überschätzen. Dazu sei der Wahlkampf "thematisch viel zu breit aufgestellt - von den Themen Flüchtlinge, über die Sicherheitsfrage, Direkte Demokratie bis hin zu TTIP".

Hajek (public opinion strategies) geht ebenfalls davon aus, dass der Wechsel an der SPÖ-Spitze kaum Auswirkungen auf den Urnengang haben wird - außer, es kommt zu ernst zu nehmenden Neuwahl-Spekulationen im Bund. Das könnte dann einerseits die Hofer-Wähler mobilisieren - unter dem Motto, nun wirklich etwas ändern zu wollen. Auf der anderen Seite könnte es aber auch die
Anhänger von Van der Bellen zu den Urnen treiben, aus der Angst heraus, dass dann FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als Kanzler "ante portas" stehen könnte. Hajek hält derzeit ein solches Neuwahlszenario allerdings für unwahrscheinlich.

Auch OGM-Chef Bachmayer glaubt nicht, dass die SPÖ-Rochaden direkte Auswirkungen auf die Hofburg-Wahl haben werden. Es könnte sein, dass durch den Abgang Faymanns bei den Protestwählern "etwas Dampf abgelassen" wurde und so eventuell die Siegchancen für Hofer (wegen schwindender Protestmotive) etwas geringer werden könnten. Es stelle sich aber auch die Frage, in welchem Ausmaß sich die Wähler der im ersten Durchgang ausgeschiedenen Kandidaten überhaupt an der
Wahl beteiligen werden. "Je geringer das Beteiligungsausmaß wird, desto mehr sinken die Chancen von Van der Bellen - weil er muss 13 Prozentpunkte aufholen".

"Gegessen ist das noch nicht"

Auswirkungen könnte die SPÖ-Rochade auf die Wahlbeteiligung haben, wenn auch nur geringe, wie Hofer meint: Denn die öffentliche Aufmerksamkeit war in den letzten Tagen nicht auf den Kampf um die
Hofburg gerichtet, der Hofburg-Wahlkampf gehe derzeit "thematisch unter". Die fehlende Aufmerksamkeit könnte "vielleicht sogar eine gute Geschichte für Hofer" sein, so der Politberater, denn der FPÖ-Kandidat sei bereits gut positioniert. Bewegung in den Wahlkampf müsse nun das Team von Alexander Van der Bellen reinbringen. Prognosen abgeben wollten die Meinungsforscher keine. "Gegegessen ist das noch nicht", sagte Bachmayer.