"Die österreichische Bundesregierung kann die Menschenrechte nicht abschaffen", kritisierte Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig am Mittwoch die Gipfelergebnisse. Für die NEOS verabschiedet sich die
Regierung "endgültig von seriöser Politik", das Team Stronach sieht ein "Schuldeingeständnis". Für die FPÖ ist "das Ergebnis ist ein Weiterwursteln wie bisher nur eben jetzt auf niedrigerem Niveau", so FPÖ-Obmann Heinz-Christian in einer Aussendung. Statt über eine Verteilung der Migrationsströme müsse man über die Verhinderung
des Zuzuges von Wirtschaftsflüchtlingen diskutieren.

Die Spitzen der EU haben nach den jüngsten
Vorschlägen der österreichischen Regierung zur Flüchtlingskrise keine Kritik an Wien geübt. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz
sagte Mittwoch in Straßburg, "ich möchte der Republik Österreich meinen größten Respekt abstatten". EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker meinte, es sei bisher "alles im Rahmen des Schengen-Systems".

Nach dem Gipfel meldeten sich eine ganze Reihe von Hilfsorganisationen mit viel Kritik zu Wort. "Wie dieses Vorhaben umgesetzt werden soll, ist nicht nur uns völlig unklar, auch die Regierung scheint das Procedere nicht zu kennen", sagt Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer. Nach der Genfer Flüchtlingskonvention gebe es kein jährliches Kontingent für Flüchtlinge.

"Mich würde darüber hinaus interessieren, wie diese Maßnahmen im Einklang mit humanitären Werten zu gestalten sind und welche Rolle Hilfsorganisationen bei deren Umsetzung spielen sollen", so Schöpfer. "Dass humanitäre Organisationen nicht in die Vorbereitung
des Gipfels einbezogen wurden, deutet darauf hin, dass derartige Fragen nachgereiht sind."

Der Rotkreuz-Präsident befürchtet, dass Obergrenzen oder Richtwerte lediglich Schleppern in die Hände spielen.

Den Bruch der Genfer Flüchtlingskonvention wird der  Regierung von zahlreichen Organisationen vorgeworfen: Unkoordinierte Maßnahmen von einzelnen EU-Mitgliedstaaten könnten einen Domino-Effekt auslösen, dass Menschen auf ihrer Flucht vor Krieg und Verfolgung verschlossene europäische Grenzen vorfinden könnten, befürchtet das Hilfswerk der UNO, UNHCR.

Die Liste der Organisationen, die die Beschlüsse ablehnen ist lang: Volkshilfe, Diakonie, Caritas, Kinderfreunde oder  der Chef der SOS-Kinderdörfer - die Meldungen haben alle den gleichen Tenor.

"Asyl auf Zeit halte ich für ein Placebo mit schädlichen
Nebenwirkungen, insbesondere was die Integration von anerkannten Flüchtlingen im Sinne der Genfer Konvention betrifft," sagte Caritas-Präsident Michael Landau.

"Ohne geeignete Maßnahmen bleibt die Rede von Obergrenzen und Richtwerten eine magische Beschwörungsformel, die an der Realität zu scheitern
droht", meinte Diakonie-Direktor Michael Chalupka. 

SOS-Kinderdorf-Geschäftsführer Christian Moser bezeichnet die Obergrenze als "hilflos daherkommende Symbolpolitik, die uns nicht weiter bringt." Der Entwurf zum "Asyl auf Zeit" sehe vor, dass drei Jahre nach der Zuerkennung des Asylstatus systematisch geprüft werden soll, ob die Flüchtlingseigenschaft weiterhin besteht. Minderjährige Flüchtlinge seien somit gezwungen, drei wertvolle Jahre durch weiteres Abwarten zu verschwenden.

Auch die geplante Erschwerung der Familienzusammenführung treffe besonders minderjährige Flüchtlinge. Sie sollen ihre Eltern erst nach drei Jahren nachholen können - werden sie aber in dieser Zeit volljährig, geht dieser Anspruch verloren. Denn erwachsene Flüchtlinge können nur Ehegatten und minderjährige Kinder nachholen.

"Rechtsexperten wie Manfred Nowak haben ja bereits zum Ausdruck gebracht, dass Obergrenzen rechtlich nicht haltbar sind", sagt Volkshilfe-Chef Erich Fenninger. Die Vermutung liegt nahe, dass ein langer Zeitraum bis zu einem Urteil darüber einfach akzeptiert wird", sagt Fenninger. "Das scheint die Kalkulation hinter den präsentierten Ergebnissen zu sein".