Jetzt hat sich sogar die hehre Wissenschaft des Postenschachers in den staatsnahen Unternehmen angenommen. Jungpolitologe Laurenz Ennser-Jedenastik von der Wiener Uni hat in akribischer Kleinarbeit unter Zuhilfenahme von Wahllisten, Melderegistern, Datenbanken, Lebensläufen die 1242 Besetzungen von Aufsichtsrats- und Vorstandsposten in 87 staatsnahen Firmen seit 1995 zusammengetragen. Das Ergebnis: Knapp zwei von drei Managern besitzen ein Parteibuch.

Das gleiche "Spiel"

Was nicht minder verwerflich ist: Bei jedem Koalitionswechsel wird die Führungsriege in den Staatsunternehmen hemmungslos umgefärbt. Mit dem Wechsel zu Schwarz-Blau verschwanden ab dem Jahr 2000 schlagartig die roten Manager aus den Aufsichtsräten und den Vorstandsetagen. Warum nicht im selben Ausmaß freiheitliche Manager Einzug gehalten haben? Aufgrund der dünnen blauen Personaldecke haben die FPÖ-Minister - und das zeigt das Beispiel Karl-Heinz Grasser - auf parteifreie Vertraute zurückgegriffen.

Das beweist auch die von Ennser-Jedenastik getrennt vorgenommene Auswertung der Personalentscheidungen im freiheitlich geführten Finanz- sowie im Verkehrsministerium. Die FPÖ färbte Regierungsapparate und staatsnahe Unternehmen nicht mit Parteifreunden, sondern mit Freunden und Vertrauten ein. Als die SPÖ im Jahr 2007 auf die Regierungsbank zurückkehrte, explodierten die roten Personalbesetzungen in den staatsnahen Bereichen. Bis zum heutigen Tag hat die ÖVP beim Postenschacher die Nase vorn, obwohl sie seit 2007 nur noch den Juniorpartner in der Regierung stellt.

Um eines klarzustellen: Niemand behauptet, dass etwa die in der ÖBB, der Asfinag, den Salinen, dem Verbund, den Bundestheatern, dem Umweltbundesamt oder der Telekom werkenden Führungskräfte nicht die nötige Qualifikation besitzen. Keineswegs. Das Zahlenkonvolut macht allerdings deutlich, dass ein Topmanager, der ein Parteibuch besitzt, erheblich schneller und leichter die Karriereleiter erklimmt als ein genauso qualifizierter Manager, der sich bei keiner Partei angedient hat.

Interessante Rückschlüsse auf das innerparteiliche Machtgefüge von SPÖ und ÖVP lässt die vom Wiener Politologen Ennser-Jedenastik vorgenommene Auswertung der regionalen Herkunft der seit 1945 ernannten Regierungsmitglieder zu. 80 Prozent aller roten Minister und Staatssekretäre stammen aus Wien und Niederösterreich, Kärntner oder Steirer werden in solchen Fragen nicht einmal ignoriert.

Fünf von neun

Daran hat sich bis heute wenig geändert. Fünf der neun SPÖ-Regierungsmitglieder stammen aus Wien (Faymann, Hundstorfer, Schmied, Bures, Schieder), Ostermayer und Darabos gelten als "Zuogroaste". Heinisch-Hosek ist Niederösterreicherin. Nur Gesundheitsminister Alois Stöger kommt aus der oberösterreichischen Provinz. Womöglich stellt die Volksbefragung eine Zäsur dar. Erstmals hat die "rote Provinz" dem Wiener Machtklüngel eine bittere Niederlage zugefügt.

Dass die steirische und die Salzburger SPÖ mit Franz Voves und Gabi Burgstaller zwei Landeshauptleute stellen, aber mit keinem Ministerposten bedacht wurden, wäre in der ÖVP undenkbar. Die Zusammensetzung der schwarzen Regierungsteams seit 1945 spiegelt etwa besser die föderale Struktur der ÖVP wider. Jeder zehnte schwarze Minister seit 1945 war immerhin Steirer. Nicht ganz überraschend die regionale Herkunft der blauen Minister: 22 Prozent stammen aus der Jörg- Haider-Hochburg Kärnten.