Am kommenden Sonntag tritt Emmanuel Macron sein Amt. Heute Vormittag nahm der künftige französische Präsident erstmals seit seinem Sieg bei der Stichwahl bei einer offiziellen Zeremonie teil. An der Seite des scheidenden Staatschef Francois Hollande legte er am Rande einer Gedenkzeremonie zur deutschen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg einen Kranz am Grab des unbekannten Soldaten am Pariser Triumphbogen nieder.

Der 39-jährige Pro-Europäer Macron hatte bei der Präsidentschaftswahl am Sonntag einen klaren Sieg gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen erzielt. Laut dem am Montag veröffentlichten Endergebnis kam der parteilose Ex-Wirtschaftsminister auf 66,1 Prozent der Stimmen, Le Pen auf 33,9 Prozent.

Die Aufgaben, die auf Macron warten, sind gewaltig. Macron will das von hoher Arbeitslosigkeit gebeutelte Land mit Reformen fit für den internationalen Wettbewerb machen, muss sich jedoch im Inland auf Gegenwind gefasst machen. So warnten die Gewerkschaften vor zu großem Reformtempo, die CGT rief für Montag zu einer Protestkundgebung gegen die "liberale Wirtschaftspolitik" von Macron auf.

Hier ein Überblick über die wichtigsten Aufgaben, die auf Macron warten:

- Das Land einen

Bei dieser Präsidentschaftswahl zeigte sich Frankreich so gespalten wie selten. Mehr als 40 Prozent der Wähler gaben in der ersten Runde am 23. April populistischen Parteien am rechten und linken Rand ihre Stimme. Das Misstrauen gegenüber der politischen Klasse ist enorm hoch.

- Mehr Wirtschaftswachstum und Jobs

Frankreich leidet seit Jahren unter schwachem Wirtschaftswachstum und hoher Arbeitslosigkeit, viele Franzosen sehen das als die größten Probleme des Landes an. 2016 wuchs die Wirtschaft nur um 1,1 Prozent, für dieses Jahr werden zwischen 1,3 und 1,5 Prozent erwartet. Mehr als 3,5 Millionen Menschen sind arbeitslos. Die Quote liegt bei rund zehn Prozent und ist damit fast doppelt so hoch wie in Deutschland.

- Haushaltsdisziplin

Seit zehn Jahren hält Frankreich die Drei-Prozent-Defizitgrenze nicht ein. 2016 lag die Neuverschuldung bei 3,4 Prozent. Brüssel hat Paris wiederholt Aufschub bei den Budgetvorgaben eingeräumt. Das Defizitziel soll nun dieses Jahr erreicht werden, es gibt aber große Zweifel, ob dies noch möglich ist.

- Reformen

Nach den zögerlichen Reformen von Staatschef Francois Hollande sehen viele Experten weiteren Reformbedarf, um Frankreich wettbewerbsfähiger zu machen. Unternehmer klagen über eine hohe Abgabenlast und zu viel Bürokratie. Der Arbeitsmarkt gilt als zu starr.

- Sicherheit und Anti-Terror-Kampf

Frankreich ist seit Anfang 2015 von einer Reihe islamistischer Anschläge mit insgesamt 239 Toten getroffen worden. In den vergangenen Jahren wurde der Anti-Terror-Kampf zwar mit einer Reihe von Maßnahmen gestärkt; trotzdem bleibt angesichts der hohen Terrorgefahr noch viel zu tun. Macron will unter anderem mehr Sicherheitskräfte anstellen und die Geheimdienste stärken. Eine zentrale Frage ist auch, ob die Regierung den nach den Pariser Anschlägen vom 13. November 2015 verhängten Ausnahmezustand in naher Zukunft aufhebt.

Der Euro stieg nach Macrons Sieg kurzfristig auf ein Sechs-Monats-Hoch von 1,1022 Dollar, bevor der Kurs auf 1,0950 Dollar absackte. "Der Favorit der Börsianer hat sich durchgesetzt", sagte Thomas Altmann vom Frankfurter Vermögensverwalter QC Partners.

Ganzer Einsatz

"Ich werde mit allen Kräften gegen die Spaltung kämpfen, die uns zermürbt und entmutigt", sagte der Mitte-Links-Politiker nach seiner Wahl. Der 39-Jährige wird der jüngste französische Präsident aller Zeiten sein. "Lasst uns Frankreich lieben!", appellierte er an seine Landsleute.

Der Wahlausgang sorgte in Europa vielfach für Erleichterung. Denn die Front-National-Anführerin Le Pen wollte Frankreich aus dem Euro führen und die Franzosen über die EU-Mitgliedschaft abstimmen lassen. Das hätte die krisengeschüttelte Europäische Union nach dem Brexit-Schock tief ins Mark treffen können. Auch die Achse Berlin-Paris wäre gebrochen gewesen.

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"Die Aufgabe ist gewaltig"

Macron trat am späten Sonntagabend vor Tausenden jubelnden Anhängern am Pariser Louvre auf. Frankreich habe ein neues Kapitel seiner Geschichte aufgeschlagen, sagte er: "Die Aufgabe ist gewaltig."

Emmanuel Macron und seine Frau Brigitte
Emmanuel Macron und seine Frau Brigitte © AP

Er wolle alles tun, damit Wähler in Zukunft nicht mehr für den Front National (FN) stimmen. Die Wähler der rechtspopulistischen FN-Kandidatin Marine Le Pen hätten "Wut, Verunsicherung, manchmal Überzeugungen" ausgedrückt, sagte Macron vor seinen Anhängern am Pariser Louvre-Museum. "Ich respektiere sie. Aber ich werde in den fünf kommenden Jahren alles tun, damit sie keinen Grund mehr haben, für Extreme zu stimmen." Am Ende kamen seine Frau Brigitte und Wahlkampfmitarbeiter auf die Bühne.

Reaktion von Strache: Distanzierung von Le Pen

Als eine Hauptaufgabe sieht Macron den Antiterrorkampf an. Frankreich wird seit 2015 von einer Terrorwelle erschüttert, knapp 240 Menschen wurden ermordet.

Bestes Ergebnis in der Geschichte reichte nicht

Le Pen holte nach Zahl der Stimmen das beste Ergebnis in der Geschichte ihrer rechtsextremen Partei. Gut 10,6 Millionen Franzosen votierten für die Kandidatin. Bei der ersten Runde vor zwei Wochen hatte Le Pen 7,7 Millionen Stimmen erhalten.

Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 75 Prozent, rund drei Punkte niedriger als vor zwei Wochen. Etwa vier Millionen Franzosen entschieden sich in der zweiten Runde dafür, entweder einen leeren Wahlumschlag abzugeben ("weiße Stimme") oder ungültig zu stimmen - das ist laut Medienberichten einer neuer Rekord.

Emmanuel Macron im Porträt

Vorsitz zurücklegen

Macron will noch am heutigen Montag den Vorsitz der von ihm gegründeten Bewegung "En Marche!" niederlegen, wie aus seinem Umfeld verlautete. Er hatte "En Marche!" vor gut einem Jahr gegründet. Die Bewegung will Kandidaten für die Parlamentswahlen im Juni aufstellen, um eine Regierungsmehrheit zu erringen. Ohne Mehrheit wäre Macron gezwungen, eine Regierung zu ernennen, der auch Politiker eines anderen politischen Lagers angehören. Eine derartige "Kohabitation" gab es zuletzt von 1997 bis 2002 mit dem Konservativen Jacques Chirac als Präsidenten und dem Sozialisten Lionel Jospin als Premierminister.

Reaktion von Kern: "Politik der Hoffnung"

Macron will zudem am Vormittag an der traditionellen Gedenkfeier zum Jahrestag des Kriegsendes 1945 an der Seite des scheidenden Staatschefs François Hollande teilnehmen. Hollande will einen Kranz an der Statue von Charles de Gaulle an der Pariser Prachtstraße Champs-Élysées niederlegen, danach ist eine Zeremonie am Triumphbogen geplant.

Europafreundlicher Kurs

Macron soll spätestens am 14. Mai die Amtsgeschäfte von Hollande übernehmen. Der frühere Wirtschaftsminister und Investmentbanker steht für einen klar europafreundlichen Kurs und tritt für eine enge Partnerschaft Frankreichs mit Deutschland ein.

Le Pen ließ durchblicken, dass sie ihre Partei im Juni in die Parlamentswahlen führen werde. FN-Vize Florian Philippot kündigte an, seine Partei werde sich in eine neue politische Kraft verwandeln und dann auch nicht mehr denselben Namen tragen.

Hackerangriff

Kurz vor der Stichwahl war ein Hackerangriff auf das Team Macrons bekannt geworden. Tausende Dokumente seiner Mitarbeiter tauchten im Internet auf. "En Marche!" sprach von einer "massiven und koordinierten" Attacke. Es seien vor Wochen erbeutete E-Mails, Verträge sowie andere interne Dokumente zusammen mit gefälschten ins Netz gestellt worden. Die Pariser Staatsanwaltschaft leitete Vorermittlungen ein.