Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen hat am Sonntag in Frankreich die europaweit mit Spannung verfolgte Präsidentenwahl begonnen. Rund 50.000 Polizisten und Soldaten sind zur Absicherung der Wahllokale aufgeboten, die um 08.00 Uhr öffneten. Knapp 47 Millionen Bürger sind aufgerufen, ihr neues Staatsoberhaupt zu wählen.

Das Innenministerium meldete Sonntagmittag bereits eine Beteiligung von 28,5 Prozent - etwas mehr als bei der letzten Wahl 2012, als zum gleichen Zeitpunkt 28,29 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben hatten. Vielerorts bildeten sich Schlangen vor den Wahllokalen.

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Elf Kandidaten treten an, von denen laut Umfragen aber nur vier Bewerber echte Chancen auf den Einzug in die Stichwahl am 7. Mai haben. Mit ersten Prognosen ist nach Schließung der letzten Wahllokale in den Großstädten um 20.00 Uhr (MESZ) zu rechnen. Die Franzosen in den Übersee-Gebieten haben bereits gestern gewählt.

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Als Favorit geht der sozialliberale Ex-Wirtschaftsminister Emmanuel Macron in die Wahl. Der 39-Jährige gilt als Reformer und ist ein Anhänger der europäischen Integration. In den jüngsten Umfragen knapp hinter Macron oder gleichauf mit ihm liegt die rechtsextreme EU-Gegnerin Marine Le Pen. Sie will den Euro in Frankreich abschaffen und das Volk über die EU-Mitgliedschaft abstimmen lassen.

Mehr als 50.000 Polizisten und Soldaten schützen den ersten Wahlgang
Mehr als 50.000 Polizisten und Soldaten schützen den ersten Wahlgang © AP

Der konservative Ex-Ministerpräsident Francois Fillon und der linke EU-Skeptiker Jean-Luc Melenchon liegen in den letzten Umfragen rund vier Punkte hinter dem Führungsduo. Der scheidende sozialistische Präsident Francois Hollande tritt nicht mehr an. Die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen ziehen in die Stichwahl ein. Auch dafür werden Macron die besten Chancen eingeräumt. Kurz vor der Wahl zeigte sich noch rund ein Drittel der Wähler unentschlossen.

Bis zuletzt gab es noch viele Unentschlossene
Bis zuletzt gab es noch viele Unentschlossene © AP

Nach einer Reihe von Anschlägen herrscht der Ausnahmezustand in Frankreich. Seit Anfang 2015 wurden mehr als 230 Menschen bei Attentaten getötet, zuletzt am Donnerstag ein Polizist in Paris. Rund 50.000 Polizisten und Gendarmen sowie rund 7000 Soldaten sind im Einsatz.

Eine Femen-Aktivistin wird abgeführt
Eine Femen-Aktivistin wird abgeführt © APA/AFP/FRANCOIS LO PRESTI

In der Front-National-Hochburg Henin-Beaumant protestierten Femen-Aktivistinnen mit blankem Busen gegen Marine Le Pen. Die Frauen trugen Masken von Le Pen, Donald Trump und Wladimir Putin. Sie wurden von der Polizei abgeführt, berichtete der Sender France 3.

Francois Hollande
Francois Hollande © AP

Frankreichs Noch-Präsident Francois Hollande gab seine Stimme in seinem Wahlkreis im zentralfranzösischen Tulle ab. Hollande selbst hatte wegen miserabler Umfragewerte auf eine erneute Kandidatur verzichtet.

Für Unsicherheit sorgt bis zuletzt die große Zahl der Unentschlossenen: Knapp ein Drittel der Wähler wusste Umfragen zufolge bis zuletzt nicht, wie sie abstimmen würden. "Ich habe keine Ahnung, für wen ich stimmen werde", sagte die 60-jährige Pierrette Prevot in Paris. "Es ist eine Katastrophe. Ich gehe wählen, aber nur weil es meine Pflicht ist."

Insbesondere an den Finanzmärkten wird gefürchtet, dass es zu einer Stichwahl zwischen Le Pen und dem Linkspolitiker Melenchon kommen könnte. Le Pen lehnt den Euro ab und befürwortet die Rückkehr zu nationalen Währungen. Melenchon will ein Referendum über einen EU-Austritt abhalten lassen, sollten die anderen EU-Regierungschefs sich einem radikalen Kurswechsel weg von der Sparpolitik widersetzen. Außerdem befürwortet er einen Austritt aus der NATO.

Schweiz geht, wenn nötig, gegen Franken-Aufwertung vor

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist nach den Worten ihres Präsidenten Thomas Jordan darauf vorbereitet, einem Aufwertungsdruck des Franken nach der Präsidentenwahl in Frankreich etwas entgegenzusetzen. Die Bank sei bereit, dazu die vorhandenen Instrumente zu nutzen, sagte der SNB-Chef am Samstag der Nachrichtenagentur Bloomberg.

"Wir hoffen, dass ein vernünftiger Kandidat gewinnt, jemand der für freie Märkte ist. Aber wir können nicht ausschließen, dass es mehr Druck auf den Schweizer Franken geben wird." Die SNB setzt bereits auf Negativzinsen und Devisenmarktinterventionen, um den Kurs des Franken zu deckeln. Wenn der Franken steigt, verteuert das Schweizer Waren im Ausland und bremst somit die Exporte und die Wirtschaft der Alpenrepublik.