Der zweite Besuch von Angela Merkel bei Donald Trump dürfte geschäftsmäßig ablaufen: Begrüßung durch den US-Präsidenten, vertrauliches Gespräch, Pressekonferenz. Rein und wieder raus aus dem Weißen Haus in wenigen Stunden.

Verglichen mit der in den vergangenen Tagen ausgiebig zelebrierten Männerfreundschaft zwischen Trump und dem zum Staatsbesuch weilenden französischen Präsidenten Emmanuel Macron bekommt die deutsche Kanzlerin am Freitag in Washington einen Empfang zweiter Klasse.

Das spiegelt einerseits wider, dass der sprunghafte US-Präsident und die pragmatische Kanzlerin noch immer keinen persönlichen Draht zueinander gefunden haben. Andererseits dürfte Merkel auf die großen Gesten gerne verzichten - schließlich bereiteten zwischen ihr und Trump schon die kleinen Gesten Probleme.

Vom letzten Besuch der Kanzlerin in Washington im März letzten Jahres ist vor allem hängen geblieben, dass der US-Präsident ihr vor den Kameras nicht die Hand gab. Wangenküsse und Salutschüsse sind in der US-Hauptstadt also Macron vorbehalten. Merkel wird ihre Besuchszeit nutzen, um Trump zur Zusammenarbeit im gemeinsamen Interesse der USA und Europas zu bewegen.

Themen gibt es mehr als genug: Trumps Groll gegen den aus seiner Sicht zu hohen deutschen Exportüberschusses und die zu niedrigen Verteidigungsausgaben. Der Syrien-Krieg und die Rolle Russlands darin. Die Forderung der Europäischen Union, von Trumps Zöllen auf Aluminium und Stahl dauerhaft ausgenommen zu werden. Und schließlich die Hoffnung, den US-Präsident davon abzuhalten, das in jahrelanger diplomatischer Schwerstarbeit ausgehandelte Atomabkommen mit dem Iran aufzukündigen.

Trotz aller Meinungsverschiedenheiten und bei allem Befremden, das in Berlin über den Schmähungen, Eigenlob oder Angriffsdrohungen in die Welt twitternden US-Präsidenten herrscht, hat Merkel die Hoffnung auf eine Partnerschaft noch nicht aufgegeben. "Für mich ist es eine der ersten Reisen, die ich nach der Wiederwahl zur Bundeskanzlerin mache, und das war mir ein wirkliches Bedürfnis", begründet sie den Kurztrip über den Atlantik. "Das transatlantische Bündnis ist angesichts vieler nicht demokratischer Entwicklungen auf dieser Welt ein großer Schatz, den ich jedenfalls auch hegen und pflegen möchte."

Falls Trump der Kanzlerin in den vergangenen Tagen zugehört haben sollte, wird er ahnen, was Merkel ihm erzählen wird: Bei einem Treffen mit dem australischen Regierungschef Malcom Turnbull sprach sie davon, dass eine "regelbasierte internationale Ordnung" die "elementare Voraussetzung für Frieden und Stabilität" in der Welt sei. Anlässlich der Eröffnung der Hannover Messe machte sie sich für "einen möglichst freien Welthandel" stark, "der auf gemeinsamen Regeln basiert". Und bei einer Begegnung mit dem mexikanischen Präsidenten Enrique Pena Nieto betonte Merkel, dass die "Globalisierung mehr Chancen als Risiken" biete.

Ob der Besuch der Kanzlerin aus Sicht der Deutschlands als Erfolg verbucht werden kann, wird sich wohl erst in einigen Tagen zeigen: Am 1. Mai endet die vorübergehende Befreiung der EU von den US-Zöllen auf Stahl und Aluminium. Und am 12. Mai läuft eine gesetzliche Frist aus, bis zu der Trump über die Zukunft des internationalen Atomabkommens mit dem Iran entscheiden muss.

Gelingt es den Europäern, Trump in beiden Fällen in ihrem Sinne zu beeinflussen, können Merkel und Macron dies als gemeinsamen Erfolg des nüchternen deutschen Arbeitsbesuchs und der französischen Glamour-Diplomatie feiern. Doch trotz der zur Schau gestellten engen Beziehung zwischen Trump und seinem französischen Gast, hat der US-Präsident gegenüber Macron bisher kein Entgegenkommen bei den heiklen Themen erkennen lassen.