Unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen hat am Montag die Präsidentenwahl in Ägypten begonnen. Etwa 60 Millionen Ägypter sind bis Mittwoch zur Wahl eines neuen Staatschefs im bevölkerungsreichsten Land der arabischen Welt aufgerufen. Zur Wahl stehen der autoritäre und von der mächtigen Armee unterstützte Amtsinhaber Abdel Fattah al-Sisi sowie der Politiker Moussa Mustafa Moussa.

Moussa gilt als Alibi-Kandidat, damit der Präsident nicht alleine antreten muss. Er ist relativ unbekannt und hat kaum Chancen auf den Sieg, zumal er in der Vergangenheit Sisi unterstützt hat. Es wird mit einem sehr deutlichen Sieg Sisis gerechnet.

Der 63-Jährige war 2014 mit fast 97 Prozent der Stimmen zum Staatschef des nordafrikanischen Landes gewählt worden. Damals hatten jedoch weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Sisi betrachtet sich als Garant von Stabilität und Sicherheit und wertet die Abstimmung als Referendum über seine bisherigen vier Amtsjahre. Eine geringe Wahlbeteiligung würde seine Position schwächen.

Der Wahlkampf war vom Vorgehen gegen die politischen Gegner Sisis geprägt. Eine Reihe ernsthafter Kandidaten zog ihre Teilnahme unter teilweise dubiosen Umständen zurück. Einige Konkurrenten wurden schon vor der Wahl wegen angeblicher Rechtsbrüche zu Haftstrafen verurteilt oder dauerhaft in Gewahrsam genommen. Ein prominenter Menschenrechtsanwalt und ein Parlamentsabgeordneter gaben auf, weil sie Verfolgung ihrer Wahlkampfhelfer und eine parteiische Behandlung befürchteten.

Das nordafrikanische Land ist seit den arabischen Aufständen 2011, als der Langzeitmachthaber Hosni Mubarak gestürzt wurde, nur teilweise zur Ruhe gekommen. Der erste demokratisch gewählte Präsident des Landes wurde 2012 der Islamist Mohammed Mursi, den Sisi als Militärchef ein Jahr später nach Massenprotesten stürzte.

Sisi ließ Mursis Anhänger verfolgen. Seit 2014 regiert er selbst das Land mit harter Hand. Er greift nicht nur gegen die Muslimbrüder und Jihadisten durch, sondern auch gegen die gemäßigte Opposition und erstickt Menschenrechtsorganisationen zufolge die Zivilgesellschaft. Ägypten mit seinen etwa 95 Millionen Einwohnern gilt für den Westen als Schlüsselland für die Stabilität im Nahen Osten.Seit dem "arabischen Frühling" und dem Sturz des langjährigen Machthabers Hosni Mubarak ist er der zweite Staatschef, der die Geschicke des Landes am Nil lenkt. Ein Überblick: 

Der Sturz Mubaraks

Im Jänner 2011 gibt es unter dem Eindruck der Revolte in Tunesien auch in Ägypten Massenproteste gegen den seit 1981 regierenden Staatschef Hosni Mubarak. Der Tahrir-Platz in Kairo wird zu einem der wichtigen Schauplätze des Protests in der arabischen Welt. Mehr als eine Million Menschen demonstrieren zeitweise gegen Mubarak; mindestens 850 Menschen werden bei den Unruhen getötet.

Am 11. Februar tritt der Machthaber zurück und überlässt die Amtsgeschäfte einer Militärregierung. Später wird er wegen des Todes der Demonstranten zu lebenslanger Haft verurteilt, in einem Berufungsverfahren aber freigesprochen.

Wahlsieg Mohammed Mursis

Der Kandidat der islamistischen Muslimbrüder, Mohammed Mursi, gewinnt am 30. Juni 2012 mit 51,7 Prozent der Stimmen die Wahlen. Er ist der erste demokratisch gewählte Präsident in der Geschichte Ägyptens.

Im August 2012 attackiert eine islamistische Gruppierung auf der Halbinsel Sinai stationierte Soldaten. Mursi entlässt daraufhin seinen Armeechef und beruft General Abdel Fattah al-Sisi auf den Posten.

Militärputsch gegen Mursi

Nach massiven Protesten gegen Mursis Regierung putscht die Armee unter Führung al-Sisis am 3. Juli 2013 gegen den Präsidenten. Mursi wird verhaftet und muss sich später vor Gericht verantworten. In verschiedenen Verfahren wird er zu langen Haftstrafen verurteilt.

Im August 2013 gehen die ägyptischen Sicherheitskräfte gewaltsam gegen demonstrierende Mursi-Anhänger vor. Nach offiziellen Angaben werden etwa 700 Demonstranten getötet. Seither ist Ägypten verstärkt Ziel von Angriffen islamistischer Gruppierungen.

Wahlsieg al-Sisis

Am 8. Juni 2014 wird General al-Sisi mit 96,9 Prozent der Stimmen zum Präsidenten gewählt. Im November erklären die Islamisten, die auf der Sinai-Halbinsel zahlreiche Soldaten und Polizisten getötet hatten, dass sie sich der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) anschließen.

Ein Jahr später, am 31. Oktober 2015, sterben beim Absturz einer russischen Passagiermaschine über dem Sinai 224 Menschen. Der IS erklärt, er habe die Maschine zum Absturz gebracht.

Präsidentenwahl 2018

Al-Sisi lässt politische Rivalen von der Wahl ausschließen. Am 23. Jänner wird der frühere Generalstabschef Sami Anan verhaftet, wenige Tage zuvor hatte er seine Kandidatur erklärt. Die Inhaftierung wird damit begründet, dass seine Kandidatur illegal gewesen sei.

Mehrere weitere Rivalen des Präsidenten werden inhaftiert oder ziehen ihre Kandidatur zurück. Am 13. Februar erklären mehr als ein Dutzend Menschenrechtsorganisationen, die am 26. März beginnende Präsidentenwahl werde "weder frei noch gerecht" sein.