Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich mit einem klaren Wahlsieg sechs weitere Jahre an der Macht gesichert. Ersten Hochrechnungen zufolge errang der 65-Jährige gut 74 Prozent der Stimmen, wie die zentrale Wahlkommission am Sonntag nach Auszählung von 40 Prozent der Wahllokalen mitteilte.

Putins stärkster Herausforderer, der Kommunist Pawel Grudinin, kam demnach auf lediglich 14 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur Tass zufolge bei geschätzt knapp 64 Prozent. Die Opposition beklagte Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung. Sie war auf den vierten Jahrestag der Krim-Annexion gelegt worden, die Putins Popularitätswerte in die Höhe schnellen ließ.

Die übrigen sechs Kandidaten, darunter der Rechtsradikale Wladimir Schirinowski und die liberale TV-Moderatorin Xenia Sobtschak, erzielten nach Angaben der Wahlkommission lediglich Ergebnisse im einstelligen Prozentbereich. Politische Beobachter halten die Wahl ohnehin für orchestriert: Die Herausforderer besetzten lediglich Statistenrollen, sollten aber für etwas Schwung bei der Abstimmung sorgen und die wahlmüden Russen an die Urnen locken.

Putins wohl ärgster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motivierten Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf.

Anhänger Nawalnys, die den Wahlablauf überwachten, berichteten von Manipulationen. So seien Wähler in Bussen von Wahllokal zu Wahllokal gefahren worden, damit sie mehrmals ihre Stimme haben abgeben können. "Wir würden das 'Shuttle-Bus-Wahl' nennen", sagte ein Mitstreiter des Oppositionellen.

Oppositionsnahe Wahlbeobachter berichteten von mehr als 2.500 Manipulationsversuchen. Im Internet kursierten Videos von Wählern, die mehrere Stimmzettel gleichzeitig abgegeben wollten. Auch wurden Fälle bekannt, in denen Wahlzettel bündelweise in die Urnen gestopft wurden. Zudem seien die Namen einiger Wähler auf mehreren Listen aufgetaucht, hieß es.

Reuters-Reporter beobachteten zudem, dass viele Wähler Selfies mit ihren Stimmzetteln in Wahllokalen machten. Auf Nachfrage gaben sie an, sie müssten diese ihren Vorgesetzten als Beweis für die Teilnahme an der Wahl vorlegen. Der Nicht-Regierungsorganisation Golos lagen bereits im Vorfeld der Wahl Beschwerden vor, dass Druck auf Firmenbelegschaften, Staatsangestellte und Studenten ausgeübt wurde, zur Wahl zu gehen. Medien berichteten von Geldprämien und der Verlosung von IPhones für Selfies mit angekreuztem Stimmzettel aus dem Wahllokal. Wählern sollte die Stimmabgabe zudem mit Geldprämien und Konzertkarten versüßt werden.

Mit seiner Wiederwahl könnte Putin die Geschicke des größten Landes der Erde bis 2024 lenken - länger als all seine sowjetischen und postsowjetischen Vorgänger mit Ausnahme von Josef Stalin.

Seit rund 18 Jahren an der Staatsspitze inszeniert sich Putin als starker Anführer, der Russland wieder den Status einer Weltmacht gegeben hat, die vom Westen nicht ignoriert werden kann. Der von ihm eingeschlagene Konfrontationskurs wie zuletzt in der Affäre um die Gift-Attacke auf den Doppelspion in Großbritannien schadet seinem Ansehen in der Bevölkerung nicht. Russland hat im Zuge der Krise zum Gegenschlag ausgeholt und britische Diplomaten des Landes verwiesen. Die Regierung in Moskau weist die ihr vorgeworfene Verwicklung in den Anschlag zurück.

In seiner vierten Amtszeit steht Putin auch vor der Herausforderung, die lahmende Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Russland hängt am Tropf seiner Energieexporte. Fallende Preise für Öl und Gas sowie westliche Sanktionen haben der Wirtschaft stark zugesetzt.

Putin wurde erstmals im Jahr 2000 zum Präsidenten gewählt. Nach zwei vierjährigen Amtszeiten folgte ein Rollentausch mit Ministerpräsident Dmitri Medwedew und eine weitere - per Verfassungsänderung auf sechs Jahre verlängerte Periode als Präsident ab 2012. Mehr als zwei Amtszeiten in Folge sind nicht zulässig, es sei denn, die Verfassung würde erneut angepasst.

Putins Wahl 2012 war von Massenprotesten begleitet worden. Dieses Mal zeichneten sich zunächst keine Demonstrationen ab. Für den späteren Sonntagabend ist laut dem Starjournalisten Andrej Kolesnikow, der seit fast 20 Jahren für die Tageszeitung "Kommersant" Wladimir Putin beobachtet, noch ein Gespräch des wiedergewählten Staatsoberhaupts mit einer größeren Gruppe an Journalisten geplant. Zudem wurde davon ausgegangen, dass Putin am Abend kurz auch bei einem Konzert, das offiziell der russische Eingliederung der Krim gewidmet ist, auf die Bühne kommen wird.

Nach russischen Angaben waren mehr als 1.300 ausländische Beobachter bei der Wahl aktiv. Allein die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) setzte fast 600 Beobachter ein. Sie will am Montag ihre Einschätzung zur Wahl mitteilen.