Nach dem Mord an dem Investigativ-Journalisten Jan Kuciak hat der slowakische Ministerpräsident Robert Fico am Mittwoch seinen Rücktritt angeboten. In den letzten Tagen werde die Slowakei von einer Krise erschüttert, Neuwahlen würden aber nur zu noch mehr Chaos und Unruhe führen, erklärte der Sozialdemokrat am Mittwoch vor Journalisten in Bratislava.

Wenn Präsident Andrej Kiska das Rücktrittsgesuch annehme, werde er sein Amt am Donnerstag abgeben, sagte der slowakische Ministerpräsident Robert Fico am Mittwochabend in Bratislava. Bedingung dafür sei unter anderem, dass seine sozialdemokratische Partei Smer das Vorschlagsrecht für einen Nachfolger behalte, erklärte er nach Angaben der Nachrichtenagentur TASR.

Er akzeptiere das Recht der Menschen, ihre Meinung zu äußern, und das auch lautstark auf der Straße. Zugleich müsse aber der Wille der Wähler, der sich in demokratischen Parlamentswahlen äußere, respektiert werden, sagte Fico. "Daher halte ich es für wichtig, dass die aktuelle Regierungskoalition, die aus derartigen Wahlen hervorgegangen ist, fortgesetzt wird," betonte er.

Die Slowakei sei in sehr guter Kondition, was auch Verdienst der Arbeit der Regierungskoalition sei. Deshalb "ist es unsere Pflicht das Mandat von den Wählern weiter auszuüben und den Staat nicht ohne jegliche Grund oppositionellen Amateuren und Schreihälsen zu übergeben," erklärte Fico. Daher sei auch er selbst bereit das Maximum zu tun. "Ambitionen eines Einzelnen dürfen nicht wichtiger sein als das Schicksal eines Landes, dem Chaos droht," so Fico.

Drei Bedingungen genannt

Er habe daher am Mittwoch dem Präsidenten angeboten, "im Interesse der Lösung der politischen Krise" seinen Rücktritt einzureichen. Dafür nannte er drei Bedingungen: Der Präsident müsse erstens die Ergebnisse der Parlamentswahlen von 2016 respektieren. Zweitens müsse er auch den aktuellen Koalitionsvertrag einhalten, da die Regierung weiterhin von einer Parlamentsmehrheit gestützt werde.

Zudem solle Kiska zusagen, dass auf dieser Grundlage seine sozialdemokratische Partei Smer als stärkste Koalitionspartei weiterhin den Ministerpräsidenten stellen wird. In diesem Fall sei er "bereit, schon morgen den Rücktritt einzureichen und einen neuen Kandidaten für den Posten des Ministerpräsidenten vorzustellen," erklärte Fico.

Der slowakische Regierungschef war nach dem Mord an dem Enthüllungsjournalisten Jan Kuciak und dessen Verlobter am 25. Februar unter starken Druck geraten. Am Montag war bereits der Innenminister und stellvertretende Ministerpräsident Robert Kalinak zurückgetreten. Er reagierte damit auf Proteste gegen den Umgang der Regierung mit dem Mordfall Kuciak.

Zusammenarbeit mit Anti-Betrugsbehörde

Nach der Ermordung des slowakischen Journalisten Jan Kuciak hat EU-Sicherheitskommissar Julian King die Regierung in Bratislava aufgefordert, bei der Aufklärung über die Hintergründe eng mit der EU zusammenzuarbeiten. Die EU-Behörde zur Betrugsbekämpfung (Olaf) werde überprüfen, inwiefern in der Slowakei Gelder aus dem Gemeinschaftshaushalt veruntreut wurden, sagte King am Mittwoch in Straßburg.

Der ermordete Journalist hatte mehrfach Artikel über korrupte Machenschaften in der Slowakei veröffentlicht. Er wurde am 25. Februar gemeinsam mit seiner Verlobten erschossen. Im Europaparlament forderten Abgeordneten aller maßgeblichen Fraktionen die EU auf, sich an der Aufklärung des Falles zu beteiligen.

Wenn mitten in Europa Journalisten getötet würden, die über Korruption recherchierten, gehöre dies auf die "europäische Agenda", betonte die SPD-Abgeordnete Birgit Sippel. Notwendig sei eine "unabhängige Untersuchung", sagte die französische Grüne Eva Joly.

Die EU müsse sich einmischen, verlangte auch der österreichische Abgeordnete Heinz K. Becker (ÖVP). Die slowakische Bevölkerung vertraue der EU mehr als ihren eigenen Behörden.

King sagte dazu, die europäische Polizei Europol habe Ende Februar Experten in die Slowakei entsandt. Im Übrigen werde die EU-Kommission Projekte zur Korruptionsbekämpfung finanziell unterstützen. Außerdem werde sie in Kürze Vorschläge zum besseren Schutz von Whistleblowern vorlegen, welche auf Missstände aufmerksam machen.

Medienberichten zufolge hatte Kuciak auch über mutmaßliche Verfehlungen von Unternehmern berichtet, die der sozialdemokratischen Partei Smer von Ministerpräsident Robert Fico nahestehen sollen. Im vergangenen Herbst erhielt er demnach Drohungen und erstattete daraufhin Anzeige bei der Polizei.