In München tritt heute Ministerpräsident Horst Seehofer als Ministerpräsident zurück. Am Freitag folgt ihm Markus Söder ins Amt. Das süddeutsche Bundesland Bayern unterscheidet sich in mancherlei Hinsicht vom Rest der Republik. Stärker als in den meisten anderen Teilen Deutschlands hat sich im Freistaat eine landsmannschaftliche Identität erhalten.

Das wirtschaftsstarke Bundesland steht sowohl für Trachten, Blasmusik und Alpenromantik als auch für mächtige Industriekonzerne wie Siemens und BMW - ganz nach der populären Metapher "Laptop und Lederhose". Die Bayern haben auch eine eigene Volkspartei, die Christlich-Soziale Union (CSU), die dort seit Jahrzehnten regiert.

Machtwechsel, nicht ganz freiwillig

Nun steht ein Machtwechsel in der Münchner Staatskanzlei bevor. CSU-Chef Horst Seehofer (68) hat für heute, Dienstag, seinen Rücktritt als Ministerpräsident erklärt - und geht als deutscher Innenminister nach Berlin. Am Freitag soll der Landtag den bisherigen Finanzminister Markus Söder (51) zu dessen Nachfolger wählen. Seehofer geht nicht ganz freiwillig. Doch die Parteifreunde trauen dem jüngeren Rivalen eher zu, die absolute Mehrheit bei der Landtagswahl am 14. Oktober zu verteidigen. Nach den Meinungsumfragen wird das gar nicht einfach.

Denn trotz der guten Wirtschaftslage Bayerns, der niedrigen Arbeitslosigkeit und den Spitzenplätzen in den Schulleistungsvergleichen der deutschen Bundesländer steht die CSU in ihrem Land längst nicht so gut da wie der FC Bayern München - der in der Fußball-Bundesliga von Titel zu Titel eilt. Das ist vor allem eine Folge der Flüchtlingskrise von 2015. Bei der Bundestagswahl am 24. September stürzte die CSU - Schwesterpartei der CDU von Bundeskanzlerin Angela Merkel - um mehr als zehn Punkte auf 38,8 Prozent ab. Die rechtspopulistische AfD holte 12,4 Prozent. Ein Schock für die Christsozialen.

Söder soll den Trend wenden

Nun soll Söder den Trend wenden. Der gebürtige Nürnberger hat sich in der CSU zielstrebig nach oben gearbeitet, war schon Generalsekretär, Europa- und Umweltminister, bevor er 2011 Finanzminister des reichsten deutschen Bundeslandes wurde. Der evangelische Franke Söder und der katholische Oberbayer Seehofer sind sich in inniger Feindschaft verbunden. Doch Söder hat die Landtagsfraktion hinter sich. Seehofer geht nun nolens volens nach Berlin.

Der scheidende Landesvater hatte schon einmal damit geliebäugelt, nach der Wahl 2018 der Politik Servus zu sagen - bevor er dann doch lieber im Amt bleiben wollte. Auch wenn er die Staatskanzlei nun freimachen muss, ist von Ruhestand bei ihm keine Rede mehr. Im neuen Kabinett Merkel soll Seehofer am Mittwoch als deutscher Innenminister vereidigt werden. Das Ressort wurde um die Bereiche Heimat und Bau erweitert. Einst scharfer Kritiker von Merkels Flüchtlingspolitik, ist Seehofer jetzt selbst für Grenzen und Zuwanderer zuständig.

CSU saß immer mit im schwarzen Boot

Der CSU-Chef untermauert mit dem Wechsel auch den bundespolitischen Anspruch, den die Partei seit den Zeiten des CSU-Patriarchen Franz Josef Strauß (1915-1988) verficht. Wann immer die CDU den Kanzler stellte, saß die Schwesterpartei mit im Kabinett. Zweimal (Strauß 1980, Edmund Stoiber 2002) stellte die CSU sogar den gemeinsamen Kanzlerkandidaten - beide Bundestagswahlen gingen für die Union verloren.

In Meinungsumfragen rangierte die CSU zuletzt bei 42 Prozent, also etwas besser als bei der Bundestagswahl im September. Um die absolute Mehrheit zu verteidigen, bleibt für Söder noch einiges zu tun. Vielleicht mag ihm einer der vielen Seehofer-Sprüche helfen: "Wenn es dem FC Bayern gut geht, geht es auch der CSU gut", sagte der einmal in einem Interview. In der Bundesliga stehen die von Jupp Heynckes trainierten Kicker mit 20 Punkten Vorsprung auf Platz eins und steuern auf den sechsten Meistertitel in Folge zu.