Die Ernennung des deutschen EU-Spitzenbeamten Martin Selmayr zum Generalsekretär der EU-Kommission stößt auf Kritik im EU-Parlament. Mehrere EU-Abgeordnete kritisierten am Montagabend in Straßburg das Verfahren als intransparent und warfen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker "Vetternwirtschaft" vor.

Der für die Personalpolitik zuständige EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger versicherte am Montag in Straßburg den EU-Abgeordneten, die Ernennung Selmayrs sei korrekt erfolgt.

Das Verfahren sei "in allen Einzelheiten und im Zeitablauf beachtet" worden, eine "korrekte Auswahl nach den Regeln des Statuts", sagte Oettinger. Alle Personalentscheidungen, auch des Generalsekretärs, seien von den Mitgliedern der Kommission einvernehmlich gebilligt wurden.

Es stehe außer Zweifel, dass Selmayr - der bisherige Kabinettschef von Juncker - über alle nötigen Qualifikationen verfüge. Selmayr habe Erfahrung, sei ein hervorragender Jurist, verfüge über kommunikative Fähigkeiten, Fleiß und politisches Gespür, und genieße das Vertrauen Junckers und der gesamten Kommission. Weder die Nationalität noch Parteizugehörigkeit würden bei dem Posten eine Rolle spielen, sagte Oettinger.

Die EU-Abgeordneten kritisierten parteiübergreifend, die Ernennung Selmayrs sei in einem beschleunigten und intransparenten Verfahren erfolgt, sie warfen Juncker "Vetternwirtschaft" vor. Bruno Gollnisch von der rechtsextremen französischen Front National beanstandete, Selmayr sei am selben Tag zum stellvertretenden Generalsekretär und zum Generalsekretär ernannt worden. Eine Bewerberin habe zurückgezogen, um den Weg für ihn freizumachen. Dies sei "skandalös".

Der frühere Chef der britischen EU-Austrittspartei Nigel Farage bezeichnete Selmayr als "Lieblingsbürokrat von Juncker", "Fanatiker" und "mächtigster Bürokrat der Welt". Auch die niederländische Liberale Sophie In't Veld sagte, die EU-Kommissare seien "von einem Beamten am Nasenring herumgeführt" worden. "Wie können wir erwarten, dass sie dann Trump die Stirn bieten?"

"Die Blitzbeförderung von Martin Selmayr riecht nach Günstlingswirtschaft", sagte die grüne Fraktionsvorsitzende Ska Keller. ""Die Bestellung von Martin Selmayr zum Generalsekretär der EU-Kommission ist ein weiterer Beleg dafür, wie man Vertrauen in die EU-Institutionen nachhaltig zerstört", sagte Harald Vilimsky, freiheitlicher Delegationsleiter im Europaparlament und FPÖ-Generalsekretär, laut Aussendung. Die Umstände rund um seine Bestellung müssten dringend aufgeklärt werden. Der Haushaltskontrollausschuss des EU-Parlaments soll nun überprüfen, ob das Verfahren korrekt durchgeführt wurde.