Die Kommission werden in Kürze Vorschläge vorlegen, wie man zu qualifizierten Mehrheitsentscheidungen in diesem Bereich übergehen könne, sagte Juncker am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

"Immer wieder stellen wir fest, dass die EU keine einheitliche Position findet", sagte er mit Blick etwa auf China. Die Einstimmigkeit könne nicht so bleiben, denn die EU müsse "weltpolitik-fähig" werden. Das setze keine Änderung der EU-Verträge voraus. Der EU-Rat könne nach Artikel 31 selbst beschließen, zu qualifizierten Mehrheitsentscheidungen überzugehen. Dabei gehe es nicht um Militäreinsätze, sondern um Aspekte der "sanften Außenpolitik".

Der Vorstoß ist umstritten, weil viele Regierungen auf ihre nationale Souveränität pochen. Der Kommissionspräsident widersprach damit dem luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn. Dieser hatte die Forderung nach Mehrheitsentscheidungen in der EU-Außenpolitik in einem Reuters-Interview als unrealistisch bezeichnet. "Egal, wie wir sehr wir eine einheitliche EU-Politik auch wünschen: In der UN stimmt eben nicht die EU ab, sondern jedes einzelne EU-Land", sagte er.

Ausbau der EU-Verteidigungspolitik verteidigt

Juncker hat auch Vorbehalte gegen einen Ausbau der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zurückgewiesen. Es habe lange Zeit Klagen gegeben, dass die Europäische Union nicht genug für ihre Verteidigung tue, sagte er bei der Münchner Sicherheitskonferenz. "Jetzt machen wir das, und jetzt ist das auch nicht Recht", beklagte der Kommissionschef.

Tatsächlich wolle sich die Europäische Union in der Verteidigungspolitik "emanzipieren, aber wir emanzipieren uns nicht gegen die Nato und nicht gegen die Vereinigten Staaten", sagte Juncker. Es sei festgelegt worden, dass in Verteidigungsfragen die "Nato und die Europäische Union komplementär sein müssen, und das werden sie auch bleiben".

Um verteidigungspolitisch handlungsfähig zu sein, müsse die EU allerdings ihre Entscheidungsprozesse verändern, sagte Juncker. Seine Kommission wolle "demnächst Vorschläge dazu unterbreiten". Es könne "nicht so bleiben, dass wir in Sachen Außen- und Verteidigungspolitik politische Einstimmigkeit erreichen müssen".

Sicherheitsallianz mit Großbritannien weiter nötig

Auf diese Weise könne die EU "keine Weltpolitik" machen. Dies zeige sich etwa daran, dass die EU-Staaten keine einheitliche Position zu Menschenrechtsverstößen in China oder in der Jerusalem-Frage gefunden hätten.

Juncker ging auf Nachfrage auch auf die verteidigungspolitische Zusammenarbeit mit Großbritannien nach dem Brexit ein. Er sei der Überzeugung, dass die EU die Sicherheitsallianz mit Großbritannien auch nach dem EU-Austritt des Landes weiter brauche. Dieser Aspekt dürfe aber nicht mit anderen Punkten der Brexit-Verhandlungen vermischt werden.