Bundeskanzler Sebastian Kurz hat in seine europapolitischen Grundsatzrede bei der Münchner Sicherheitskonferenz gefordert, bei den Reformbemühungen gegen das eigene Beharrungsvermögen anzukämpfen. "Wir dürfen in der EU nicht mehr auf die Nein-Sager hören." Er erinnerte dabei an die vielen Kämpfe um Fortschritte gegen erbitterten Widerstand. "Nur wenige Jahre nachdem Deutschland und Frankreich sich auf das erbittertste bekämpft haben, sind sie mit der Idee einer engen Zusammenarbeit aufgetreten", sagte Kurz.

"Viele haben damals gesagt, das kann nicht funktionieren, das ist viel zu ambitioniert." Doch die Gründerväter der Union hätten gezeigt: "Wo ein Wille ist, das ist auch ein Weg." Dies gelte auch für den aktuellen Veränderungswillen, der zudem überlebensnotwendig für den Zusammenhalt sei. Allerdings dürfe man dabei die transatlantische Partnerschaft nicht vergessen. "Bei dieser Veränderung müssen wir auch den USA die Hand reichen." Der Kanzler ergänzte: "Nur mit einer starken Nachbarschaft mit den USA werden wir auch nachhaltig Veränderung erreichen."

"Wie ein altes Ehepaar"

„Wir als Europäische Union verhalten uns wie ein altes Ehepaar.“ Der Westen beschwere sich über den Osten, der Norden über den Süden. Um international wieder an Gewicht zu gewinnen, müsse die EU zunächst wieder intern stärker werden. Dazu gehöre vor allem auch, den Schutz der Außengrenzen zu stärken. Die EU-Länder müssten selbst entscheiden können, wer zuwandern darf.

"Eigenverantwortung und Hausverstand"

Zu den sieben Punkten zählt er auch den Willen, von Energieimporten unabhängig zu werden durch selbst erzeugte Energie aus nachhaltigen Ressourcen. Man dürfe sich auf dem erarbeiteten Wohlstand nicht ausruhen. Erneut forderte er einen massiven Ausbau der Digitalisierung. "Die größten Internet-Konzerne, die auch mittlerweile das Leben in unseren europäischen Ländern mitbestimmen, sind fast alle aus den Vereinigten Staaten oder aus China." Wenn europäische Unternehmen auch in Zukunft eine Rolle auf dem Weltmarkt spielen wollten, bräuchten sie viel bessere Rahmenbedingungen. Vor allem müsse das Bildungssystem an den Anforderung der Zukunft besser ausgerichtet werden.

Erneut forderte er auch ein schlankeres Europa und eine Konzentration Europas auf die wichtigen Fragen, während in den kleinen Fragen mehr "Eigenverantwortung und Hausverstand" notwendig sei. Eine Konzentration der Kräfte wäre mehr Einigkeit bei militärischen und polizeilichen Fragen. Dort sei mehr Kooperation wünschenswert.