Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hat am Freitag bei einem Wien-Besuch auf eine Vertiefung der bilateralen Beziehungen gedrängt. Weitere, verstärkte Unterstützung von Österreich erhofft er sich im Hinblick auf den angestrebten EU-Beitritt des Landes, im Kosovo-Konflikt und bei der wirtschaftlichen Entwicklung, erklärte er nach Treffen mit Kanzler Kurz und Bundespräsident Van der Bellen.

Der serbische Präsident bedankte sich bei Österreich für die "zweifelsfreie Unterstützung" der EU-Kandidatur Serbiens. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe bereits als Außenminister einen Schwerpunkt auf die Integration des Westbalkans gelegt. Vucic brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass sich Österreich im Rahmen des EU-Ratsvorsitzes weiterhin für Serbien stark macht.

Bundespräsident und Kanzler sicherten Vucic ihre Unterstützung zu. Die Integration des Westbalkans werde eine der Prioritäten des österreichischen Ratsvorsitzes sein. Beide lobten die Bemühungen Serbiens beim Erlangen der EU-Beitrittsreife. Der unlängst von EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn genannte Zeithorizont für den Beitritt (2025) läge durchaus im Bereich des Möglichen, so Van der Bellen. Im wirtschaftlichen Bereich und bei den für den Beitritt notwendigen Reformen ist Serbien laut Van der Bellen und Kurz auf einem guten Weg. Vucic selbst räumte eine "Leerstelle" im rechtsstaatlichen Bereich ein, die er zu füllen hoffe.

Ein größerer Stolperstein als diese Reformen ist der Kosovo-Konflikt, der sich nach der Ermordung des Serbenführers Ivanovic im Nordkosovo in einer problematischen Phase befindet. Die EU macht eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und Prishtina zu einer Voraussetzung für den Beitritt. Man brauche auch in diesem Konflikt die Hilfe Österreichs, sagte Vucic. Wien könne vermitteln, indem es sich für verschiedene Optionen der Lösung des Konflikts zwischen Serben und Albanern offen zeige und die schließlich erzielte Lösung auf internationaler Ebene unterstütze. Letztlich seien es aber Serben und Albaner selbst, "die eine Lösung finden müssen", sagte Vucic.

Was den Dialog mit Prishtina anbelangt, gab sich der serbische Präsident gesprächsbereit. Frieden und Stabilität sei eine "Schlüsselfrage" für die Balkanregion, sagte er. Belgrad werde "alles tun", um die Konflikte zu reduzieren. Den "eingefrorenen" Kovoso-Konflikt könne man lösen, wenn man den "Blick in die Zukunft" richte und - auf beiden Seiten - zu Kompromissen bereit sei. Van der Bellen habe im Gespräch einen "sehr klugen Satz" gesagt: "Wenn man eine Lösung will, dann kann nicht eine Seite alles bekommen." Das sei auch sein Motto im Kosovo-Konflikt, den man keinesfalls "an die Kinder und Kindeskinder" weitervererben dürfe. Van der Bellen merkte dazu an, dass die EU wenig gewillt sei, neue Mitglieder mit "ungeklärten Grenzfragen" aufzunehmen.

Bezüglich des Konflikts mit Zagreb - eine von Serbien organisierten Ausstellung über das Ustascha-Konzentrationslager Jasenovac hatte für diplomatische Verstimmungen gesorgt -, zeigte sich Vucic zuversichtlich. Was die Vergangenheit angehe, vertrete man unterschiedliche Standpunkte, das betreffe aber nicht die Zukunft. Den Kommentatoren, die auf beiden Seiten den Konflikt anfachen wollten, dürfe man "kein Gewehr in die Hand geben".

Auf wirtschaftlicher Ebene erhofft sich Vucic noch stärkeres Engagement österreichischer Unternehmer. Das Land befinde sich "auf dem Weg nach Europa". Das Investitionsumfeld sei noch nie so gut gewesen. Deswegen sei er zuversichtlich, dass noch viele weitere österreichische Investoren den Weg nach Serbien finden werden, was helfen könne, die wirtschaftliche Dynamik Serbiens noch zu vergrößern. Man wolle für den EU-Beitritt "bereit sein", und nicht von "Gnadenakten" abhängig sein.

Die enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen den beiden Ländern thematisierten auch Kurz und Van der Bellen. Laut dem Kanzler ist Österreich mit 450 Unternehmen der "größte Investor in Serbien". Aber auch die familiären Verbindungen zwischen den beiden Ländern seien stark. Für Vucic sei der Wien-Besuch so etwas wie ein "Heimspiel", sagte Van der Bellen.

Am Freitagnachmittag traf Vucic auch noch mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zusammen. Laut einer Aussendung der Parlamentsdirektion bekräftigte Vucic das "Interesse Serbiens an einer weiteren Intensivierung der parlamentarischen Beziehungen und des wirtschaftlichen Austauschs mit Österreich". Im Hinblick auf den angestrebten EU-Beitritt Serbiens betonte Sobotka, dass dieser "einen Beitrag für Frieden und Stabilität auf dem Balkan leisten" könne. Es sei deshalb wichtig, "Belgrad auf seinem Weg in die EU zu begleiten und zu unterstützen", so der Nationalratspräsident.