Union und SPD stellen sich nach der knappen Zustimmung der Sozialdemokraten auf schwierige Koalitionsverhandlungen ein. Führende Politiker von CDU und CSU erteilten der SPD-Forderung nach einer Nachbesserung der Sondierungsergebnisse noch am Sonntagabend eine Absage. "Ich sehe da keine Möglichkeit", sagte CSU-Chef Horst Seehofer.

Die SPD hatte zuvor den Weg für Koalitionsverhandlungen mit der Union frei gemacht. Vier Monate nach der Bundestagswahl stimmte ein Sonderparteitag der SPD in Bonn aber nur mit knapper Mehrheit von 56,4 Prozent der Delegierten und Vorstandsmitglieder dafür. Die Sozialdemokraten verlangen Nachbesserungen in der Arbeitsmarkt-, Gesundheits- und Flüchtlingspolitik.

Die erste Runde der Koalitionsverhandlungen könnte schon Dienstag oder Mittwoch beginnen. An diesem Montag wollen die Spitzen beider Seiten das weitere Verfahren festlegen. Ziel in der Union ist es, noch vor Ostern eine stabile Regierung zu haben. Allerdings muss ein Koalitionsvertrag noch eine weitere hohe Hürde überwinden: Die mehr als 440.000 SPD-Mitglieder stimmen darüber ab und haben damit das letzte Wort.

Es gibt bereits reichlich Zündstoff für die Verhandlungen. SPD-Chef Martin Schulz kündigte in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" an, möglichst viel für die Bürger herausholen zu wollen. Wenn die SPD jenseits des Sondierungsergebnisses nichts mehr durchsetze, dann werde eine Regierungsbildung schwierig.

Die CDU-Vorsitzende, Kanzlerin Angela Merkel, ließ offen, ob und inwieweit aus ihrer Sicht noch Veränderungen möglich sind. "Das Sondierungspapier ist ... der Rahmen, in dem wir verhandeln." Auf der Grundlage dieses 28-seitigen Papiers müsse noch eine Vielzahl von Fragen im Detail geklärt werden, sagte die CDU-Chefin vor Beratungen der Spitzengremien ihrer Partei in Berlin.

Andere CDU-Spitzenpolitiker schlossen ein deutliches Entgegenkommen aus. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier sagte, die Union werde die Kernpunkte der Sondierungen nicht noch einmal aufmachen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff betonte, im Sondierungspapier seien alle wesentlichen Felder sortiert worden. Er halte die Spielräume für "sehr gering".

Schulz erwartet "harte" Gespräche. Er hatte bei dem Parteitag in Bonn in einer kämpferischen Rede für eine Große Koalition geworben. Kurz vor der Abstimmung trat er nochmals ans Rednerpult und sprach von einem "Schlüsselmoment" in der Geschichte der SPD. "Ja, man muss nicht um jeden Preis regieren, das ist richtig. Aber man darf auch nicht um jeden Preis nicht regieren wollen."

Die GroKo-Gegner wollen sich nach dem Ja noch nicht geschlagen geben. Sie kündigten an, ihre Nein-Kampagne bis zum Mitgliederentscheid fortzusetzen. Schulz zeigte sich trotzdem überzeugt, dass ihm die Parteimitglieder am Ende der Verhandlungen bei einem guten Ergebnis folgen würden. Der Frage, ob er selbst gegebenenfalls ins Kabinett unter einer Kanzlerin Merkel eintreten wolle, wich Schulz aus. "Die Personalfragen werden sicher am Ende geführt."

Mit dem Votum verhinderten die Delegierten auch den Sturz der SPD in eine tiefe Krise. Für den Fall eines Neins war mit dem Rücktritt von Schulz gerechnet worden. Vor dem Parteitag war die Partei in den Umfragen bis auf 18 Prozent abgesackt.

Von Linken, Grünen, FDP und AfD kam Kritik. Der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger betonte: "Die SPD begeht Harakiri." FDP-Chef Christian Lindner erwartet schwierige - und teure - Koalitionsverhandlungen. "Wenn die gesamte Führung für den Regierungseintritt wirbt, aber nur eine knappe Mehrheit des Parteitags folgt, ist das eine Hypothek", sagte er der dpa.

Grünen-Bundestagsfraktionschefin Katrin Göring-Eckardt lobte die intensive Parteitagsdebatte der SPD, konstatierte aber auch ihre Regierungsunlust. Die AfD bezeichnete die SPD-Entscheidung als "würdelos" und "unglaubwürdig".