Die riesige britische Finanzindustrie erwartet wegen des Brexit zunächst weniger Jobverluste als ursprünglich befürchtet. Die Zahl der Arbeitsplätze, die wegen des Austritts Großbritanniens verlagert werden, werde wahrscheinlich am unteren Ende der Schätzungen liegen, sagte Catherine McGuinness, Leiterin der Politikabteilung im Finanzbezirk City of London, der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Aussichten für die Finanzbranche hätten sich nach den Fortschritten in den Brexit-Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU im Dezember aufgehellt. Die Schätzungen zur Zahl der Stellen, die aus Großbritannien abgezogen werden könnten, schwanken stark und liegen zwischen 5.000 bis 75.000 Arbeitsplätzen. Die langfristigen Folgen könne man aber nicht abschätzen, sagte McGuinness. "Man kann nicht annehmen, dass alles in Ordnung ist, nur weil man nicht sofort einschneidende Veränderungen sieht."

Die Finanzbranche trägt rund 12 Prozent zum britischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Die Branche erhalte bei der britischen Regierung inzwischen mehr Gehör, sagte McGuinness. "Die Zeichen sind positiv. Die Regierung hört nicht nur zu, sondern hat unsere Position auch verstanden." Nun müsse es Premierministerin Theresa May gelingen einen Deal mit den anderen 27 EU-Staaten abzuschließen, mit dem die Finanzbranche leben könne.

Doch das wird kein leichtes Unterfangen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lehnt Ausnahmeregelungen für den britischen Finanzsektor nach dem EU-Austritt des Königreichs strikt ab. Es könne keinen gesonderten Zugang zur EU geben, hatte Macron am Donnerstag auf einer Pressekonferenz mit May gesagt. "Wenn Sie Zugang zum Binnenmarkt wollen, einschließlich der Finanzdienstleistungen, tun Sie sich keinen Zwang an. Aber das bedeutet, dass Sie auch zum Haushalt beitragen und die europäische Rechtsprechung anerkennen müssen." McGuinness zeigte sich dennoch optimistisch. Wenn beide Seiten zu Kompromissen bereit seien, sei ein Deal durchaus möglich.