Österreich hat in Bosnien Herzegowina einen hervorragenden Ruf, der auf das Jahr 1878 zurückgeht. Damals wurden die Soldaten Österreich-Ungarns zwar unfreundlich empfangen, es gab Widerstand und Tote, aber das Land erlebte danach einen gewaltigen Modernisierungsschub. Das Grundbuch wurde eingeführt, eine moderne Verwaltung, die Straßenbahn in Sarajewo wurde ein Jahr vor jener in Wien elektrifiziert. Vielen Bosniern tut es Leid, dass es 1914 zum Attentat von Sarajevo und zum Ausbruch des 1. Weltkriegs kam.

Später wurden tausende Gastarbeiter in Österreich aufgenommen, noch spatter über 100.000 Flüchtlinge, die sich bei uns hervorragend integriert haben. Besonders verehrt wird Alois Mock, der seinen Botschafter in New York angewiesen hat, die Aufnahme von Bosnien, Kroatien und Slowenien in die UNO vorzuschlagen. Österreich hatte damals, im Mai 1992, den Vorsitz im UN Sicherheitsrat. Österreich ist mit über einer Milliarde Euro der größte Investor in Bosnien und hat tausende Arbeitsplätze geschaffen. Auch humanitr waren und sind wir eine Großmacht. „Bauern helfen Bauern“ mit Doraja Eberle an der Spitze haben in Bosnien knapp 1000 Häuser gebaut und in Srebrenica eine ungemein erfolgreiche Musikschule für Bosniaken und Serben errichtet. Oder die großartige Aktion „Nachbar in Not“ des ORF. Die Österreicher habe wiederholt ihre Herzen geöffnet. Das sind nur einige wenige Beispiele.

Neben Dr. Mock hatte Österreich auch andere Experten am Balkan, die erfolgreich vermittelt haben. Stefan Lehne mit Javier Solana in Mazedonien, Albert Rohan mit dem Nobelpreisträger Martti Ahtisaari im Kosovo, unermüdlich tätig waren auch der langjährige Balkan Stabilitaetskoordinator Erhard Busek sowie der Hohe Repraesentant Wolfgang Petritsch oder der jeweilige Kommandat der internationalen Truppen in Bosnien mit seinen Bundesheeersoldaten. Ich bin überzeugt, dass Karin Kneissl diese Tradition mit starker oesterreichischer Präsenz in unserer unmittelbaren Nachbarschaft, am Balkan, fortsetzen wird. Auch in unserem ureigensten Interesse. Negative Entwicklungen dort können auch negative Konsequenzen in der weiteren Region nach sich ziehen.

Was die Republika Srpska betrifft, so hat diese ihren fixen rechtlichen Status erst mit dem Dayton Friedensvertrag im November 1995 erhalten. Mit diesem Vertrag bekam Bosnien Herzegowina als Staat eine neue innere Struktur mit zwei Entitäten, zehn Kantonen und einem Distrikt. Niemand bestreitet diese innere Regelung und niemand stellt die Existenz der RS innerhalb von Bosnien in Frage.  Was aber die internationale Gemeinschaft und auch ich in meinen  Berichten an den UN Sicherheitsrat sehr wohl kritisiert haben, waren Abspaltungstendenzen der Republika Srpska und ihres Präsidenten Dodik. Er sprach wiederholt auch von einem eigenen Staat. Dafür gibt es jedoch keinen Raum. Auf dem Gebiet von Bosnien Herzegowina gibt es nur einen einzigen Staat. Außerdem sieht der Dayton Vertrag eine Abspaltung nicht vor. Die seinerzeitige Unterstützung der Abspaltung durch Parteiobmann und Oppositionschef  Strache und folglich der Unabhängigkeit der Republika Srpska könnte schwerwiegende destabilisierende Folgen für die ganze Region haben. Ich sehe sie jedoch auch als Aussagen im Wahlkampf, um Österreicher mit serbischen Wurzeln zur Stimmabgabe für die FPÖ zu gewinnen. 

Ebenfalls heftig kritisiert wird die Tatsache, dass Dodik, im Widerspruch zu den Entscheidungen des UN Kriegsverbrechertribunals, leugnet, dass in Srebrenica ein Völkermord stattgefunden hat. So hat er nach dem erstinstanzlich zu vierzig Jahren Kerker verurteilten Radovan Karadzic ein Studentenheim benannt. Völlig inakzeptabel ist auch die Tatsache, dass Dodik Kriegsverbrecher glorifiziert und sie mit Orden auszeichnet.

Vielleicht haben der Herr Vizekanzler und Herr Gudenus von diesen entsetzlichen Ordensverleihungen und der Glorifizierung von Kriegsverbrechern nichts gewusst. Aber gerade Herr Strache, der sich vom Nationalsozialismus wiederholt distanziert hat, könnte sich fragen, ob seine Entscheidung eine richtige war und ob er sich wirklich in so einer Gesellschaft befinden will.

Ich gehe jedenfalls davon aus, dass sich die offizielle und allseits geschätzte Politik der österreichischen Bundesregierung gegenüber den Balkanländern und gegenüber Bosnien nicht geändert hat, denn es war uns seit jeher ein aufrichtiges Anliegen, die territoriale Unversehrtheit und Souverenität Bosniens und Herzegowinas sowie die leidgeprüfte, wunderbare Bevölkerung dieses Landes immer zu unterstützen.