"Ich werde in den kommenden Tagen eine weltweite Spendenaktion starten", sagte UNRWA-Generalkommissar Pierre Krähenbühl.

Damit solle "die Offenhaltung unserer Schulen und Krankenhäuser für 2018 und darüber hinaus" gesichert werden. Krähenbühl forderte die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen sowie andere Spender zur Mithilfe auf. Er sprach von der "dramatischsten finanziellen Krise in der Geschichte der UNRWA". Nach Angaben Krähenbühls hatten die USA im vergangenen Jahr mehr als 350 Millionen US-Dollar gezahlt (286 Millionen Euro). Das 1950 gegründete UNRWA unterstützt nach eigenen Angaben rund fünf Millionen palästinensische Flüchtlinge unter anderem in Jordanien, im Libanon und in den palästinensischen Gebieten.

Die Mittel sollten nicht dauerhaft gestrichen werden, erklärte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Heather Nauert, am Dienstag in Washington. Es gehe bei dem Schritt nicht darum, jemanden zu bestrafen. Es müsse aber Reformen und eine gerechtere Lastenteilung geben. Nun sollten andere Länder vorangehen, sagte die Ministeriumssprecherin - vor allem die Länder, die Kritik an der Palästinenser-Politik der USA übten, so die Sprecherin. Die USA sind der größte Geldgeber der Organisation.

Die 65 Millionen US-Dollar (rund 53 Millionen Euro) sind Teil der ersten Tranche der amerikanischen Zahlungen in diesem Jahr von insgesamt 125 Millionen Dollar. Die übrigen 60 Millionen sollen nach Angaben des Außenministeriums ausgezahlt werden. US-Präsident Donald Trump hatte Anfang des Monats mit einem Stopp von Hilfszahlungen an die Palästinenser gedroht, wenn sie nicht zu Friedensverhandlungen mit Israel bereit seien. Die Palästinenser wiesen die Drohung zurück.

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres erklärte, er sei "sehr besorgt" wegen der Entscheidung und hoffe, dass Washington sein finanzielles Engagement aufrechterhalte. Das Hilfswerk sei keine palästinensische Einrichtung, sondern eine "UN-Institution", betonte Guterres.

Israel begrüßte die Kürzungen. Der UNO-Gesandte des Landes, Danny Danon, sagte, das Hilfswerk unterstütze "Propaganda" gegen Israel, verlängere die "Not" der palästinensischen Flüchtlinge und schüre "Hass". Es sei an der Zeit, diese "Absurdität" zu beenden.

Eine Vertreterin der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) erklärte, die USA wollten das Hilfswerk auf Geheiß Israels "zerlegen". Die Kürzungen würden die Region weiter destabilisieren.

Im Vorfeld der Entscheidung vom Dienstag hatte es innerhalb der US-Regierung Auseinandersetzungen um die Hilfszahlungen gegeben. Anfang Jänner schrieb Trump im Kurzbotschaftendienst Twitter, die USA würden "Hunderte Millionen Dollar" an die Palästinenser zahlen, ohne dafür "Anerkennung oder Respekt" zu erhalten. Medienberichten zufolge soll sich die UNO-Botschafterin der USA, Nikki Haley, für eine komplette Streichung der Gelder eingesetzt haben.

Unterdessen ließ Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu wissen, dass er die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem spätestens Anfang nächsten Jahres erwarte. "Ich bin zuversichtlich, dass sie deutlich schneller umziehen wird, als die Leute denken, innerhalb eines Jahres von heute an", sagte Netanyahu nach einem Bericht der "Times of Israel". Trump hatte Anfang Dezember in einem historischen Alleingang Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkannt. Damals kündigte er auch die Verlegung der amerikanischen Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem an. Vertreter der US-Regierung machten allerdings deutlich, dass dies angesichts der Sicherheitsvorkehrungen noch mindestens drei Jahre dauern werde.

Israel hatte den Ostteil der Stadt 1967 erobert und beansprucht ganz Jerusalem als seine Hauptstadt, international ist dies allerdings nie anerkannt worden. Die Palästinenser wollen dagegen den Ostteil, wo der Tempelberg mit der Klagemauer liegt, für den von ihnen angestrebten Staat als Hauptstadt.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn warb für eine Anerkennung Palästinas als Staat. "Wir Europäer müssen zeigen, dass auch die Palästinenser ein Recht auf ihren eigenen Staat haben", sagte Asselborn der "Süddeutschen Zeitung". "Wenn Frankreich mit der Anerkennung Palästinas voran gehen würde, würden weitere Staaten folgen, auch Luxemburg", betonte er.

Eine gemeinsame Haltung aller EU-Staaten sieht Asselborn derzeit aber nicht. "Wir haben keine einheitliche Linie mehr", das mache es derzeit unmöglich, eine aktive Nahost-Politik zu gestalten, sagte Asselborn. Österreich hat Palästina bisher nicht als eigenen Staat anerkannt.

Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas wird am 22. Jänner zu einem Gespräch mit den EU-Außenministern in Brüssel erwartet.