Trotz angekündigter Hilfen für Bedürftige gehen die Proteste in Tunesien weiter. Hunderte Menschen demonstrierten am Sonntag in der Hauptstadt Tunis friedlich gegen die Sparmaßnahmen der Regierung. Sie fanden sich beispielsweise vor der Zentrale der Gewerkschaft UGTT und in der Habib Bourguiba Avenue ein, wo Hunderte Polizisten postiert waren.

Am Sonntag jährte sich der Sturz des autoritären Präsidenten Zine El-Abidine Ben Ali zum siebten Mal. Der Umsturz war der Beginn des sogenannten Arabischen Frühlings, in dessen Verlauf auch in anderen in Ländern die Machthaber hinweggefegt worden waren.

Die tunesische Regierung hatte am Samstag nach teils gewaltsamen Protesten gegen die Erhöhung von Steuern und Preisen mehr Hilfen für Bedürftige angekündigt. Insgesamt sollten die Hilfsprogramme um umgerechnet rund 60 Millionen Euro aufgestockt werden, sagte Sozialminister Mohammed Trabelsi. Das betreffe rund 250.000 Familien. Präsident Beji Caid Essebsi wollte am Sonntag erstmals überhaupt den von Armen bewohnten Stadtteil Ettadhamen in Tunis besuchen, wo er eine Rede halten und ein Kulturzentrum eröffnen sollte.

Tunesien galt lange als Musterbeispiel des demokratischen Wandels. Viele Tunesier sind aber enttäuscht und machen ihrem Unmut über wachsende wirtschaftliche Probleme Luft. Die Proteste hatten sich im ganzen Land ausgebreitet, als ein Demonstrant getötet worden war. Die Regierung setzte die Armee in Marsch, um den Aufruhr unter Kontrolle zu bekommen. Insgesamt wurden in der abgelaufenen Woche rund 800 Demonstranten in Gewahrsam genommen.