SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hat ein positives Fazit der ersten Runde der Sondierungen von CDU, CSU und SPD über eine Regierungsbildung in Deutschland gezogen. Die Unterhändler hätten "ernsthafte, konzentrierte, aber auch offene Gespräche" geführt, sagte Klingbeil, der sich im Namen aller drei Parteien äußerte, am Sonntagabend in der SPD-Parteizentrale in Berlin.

Zum inhaltlichen Fortschritt gab er keine konkrete Auskunft. In einigen Arbeitsgruppen seien die Sondierer "weit vorangekommen, in anderen noch nicht so weit", sagte er lediglich. "Das Ergebnis soll allerdings am Donnerstag vorliegen", machte Klingbeil deutlich. "Das ist der feste Wille." Auf der Grundlage diese Ergebnisses werde dann entschieden, "ob sich weitere Gespräche lohnen".

Klingbeil verwies in der abgestimmten Erklärung auf die "besondere politische Situation", in der die Gespräche nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen von Union, FDP und Grünen stattfinden. "Wir alle sind uns der Verantwortung, die wir für die Zukunft Deutschlands und Europas gemeinsam tragen, bewusst."

Die drei Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD) hätten in ihren Erklärungen zum Auftakt am Sonntagmorgen deutlich gemacht "auch angesichts des Wahlergebnisses, dass es ein Weiter-so nicht geben kann". Die weltpolitische Situation, die Lage in Europa und die neue Zusammensetzung des Bundestages zeigten, dass eine neue Zeit begonnen habe. "Und diese neue Zeit braucht eine neue Politik." Auch ein "neuer politischer Stil" sei nötig.

Zum Sondierungsbeginn waren am Sonntagvormittag Merkel, Seehofer und Schulz mit Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU), CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und der SPD-Fraktionsvorsitzenden Andrea Nahles zu einer Sechserrunde zusammengekommen. Ab Mittag tagte zunächst die große Runde mit den 39 Unterhändlern - 13 Vertreter pro Partei. Anschließend begannen die Fachgruppen mit der Detailarbeit.

Montagfrüh setzen die Delegationen der drei Parteien ihre Arbeit im Konrad-Adenauer-Haus der CDU fort. Ein Sondierungsergebnis soll dann am Donnerstag vorliegen. Ob Koalitionsverhandlungen folgen, hängt vor allem von der Entscheidung des SPD-Sonderparteitags am 21. Jänner ab.

Mehrere Politiker von Union und SPD hatten die Erwartung geäußert, dass eine neue Regierung bis spätestens zu Ostern Anfang April stehen könnte. In den Reihen der Sozialdemokraten gibt es allerdings Widerstände gegen eine Neuauflage der Großen Koalition. Diskutiert werden auch Kooperationsmodelle oder die Duldung einer CDU-geführten Minderheitsregierung durch die SPD.

Die künftige Ausrichtung Europas wird nach Worten von des deutschen Außenminister Sigmar Gabriel zentraler Bestandteil einer künftigen Koalitionsvereinbarung sein. Die SPD werde das Thema der weiteren europäischen Entwicklung "ganz sicher" in Koalitionsvereinbarungen einbringen, sollte es dazu kommen, sagte Gabriel in der ARD. Im Falle des Zustandekommens eines Bündnisses werde es die erste Koalitionsvereinbarung geben, in der Europa im Zentrum stehen werde, kündigte Gabriel an. Bei der letzten Koalitionsvereinbarung zwischen Union und SPD habe man sich zu wenig auf Europa konzentriert.

Gabriel, der nicht Teil des Sondierungsteams seiner Partei ist, rief die Unionsparteien zu mehr Offenheit für die Reformvorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron auf. Im Augenblick stehe es "10 zu Null für Frankreich", sagte Gabriel mit Blick auf die bisher nur vagen Antworten aus Deutschland zu den Reformforderungen Macrons. Europa habe nur eine Stimme in der Welt, wenn es eine gemeinsame Haltung entwickle. "Selbst ein starkes Deutschland wird auf Dauer allein kein Gehör finden."