Persönlichkeiten aus verschiedenen Ländern haben am Donnerstag zum Boykott der FPÖ-Minister in der österreichischen Regierung aufgerufen. In dem Aufruf, der von "LeMonde.fr" im Internet veröffentlicht wurde, heißt es,"die Erben des Nazismus" hätten eine "Machtstellung in der neuen österreichischen Regierung" erlangt mit den sechs von der FPÖ gestellten Ministern.

Sie kritisieren "das Schweigen und die Apathie" angesichts des Eintritts "der extremen Rechten" in die österreichische Regierung. Dagegen müsse "resolut" Stellung bezogen werden.

In der ZIB 2 Donnerstag Abend erklärte dazu Kanzleramtsminister Gernot Blümel, schon nach Beginn der Koalitionsverhandlungen habe es Bedenken wegen der europäischen Linie gegeben. Es sei für alle Beteiligten klar gewesen, dass die Linie eine proeuropäische Linie sein müsse, damit seien viele Bedenken weggefallen. Nun solle man die Regierung an ihren Taten messen.

Auf die Frage von Armin Wolf, wo Österreich auf einer gedachten Linie zwischen Angela Merkel und Viktor Orban liege, antwortete Blümel: "Genau in der Mitte." Und in der Migrations- und Sicherheitsfrage, die Schwerpunktthema auch während der österreichischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 sein werde? Blümel wich aus, Deutschland habe seine Linie ja noch nicht gefunden, die Koalitionsverhandlungen seien unter anderem gerade an dieser Frage bis jetzt gescheitert. "Wir sind auf einem guten Weg und werden dafür viele Anhänger finden."

Auch der Frage, ob Österreich nach wie vor der Gruppe der Visegrad-Staaten beitreten wolle, wie vereinzelt gefordert, wich Blümel aus: "Das sind Staaten, die versuchen, gemeinsam zu agieren. Wir wollen für unsere Positionen Partner in Europa finden, das hat Kurz als Außenminister erfolgreich gemacht."

CSU will harte Linie Deutschlands in Flüchtlings-Frage

Die bayerische CSU will indes einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung"  zufolge bei ihrer Winterklausur mehrere Positionen festgelegen, die bei den Sonderungsgesprächen zu Regierungsbildung in Deutschland für Streit mit der SPD sorgen dürften. Die CSU-Bundestagsabgeordneten wollen sich demnach für eine härtere Flüchtlingspolitik und höhere Verteidigungsausgaben, jedoch gegen eine tiefere europäische Integration aussprechen.

FPÖ ortet "letztes Aufgebot der vereinigten Linken

Die FPÖ hat den Aufruf zum Boykott von FPÖ-Ministern durch verschiedene internationale Politiker scharf kritisiert. Es handle sich um ein "durchschaubares Manöver" und ein "letztes Aufgebot der vereinigten Linken", urteilte FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky am Freitag in einer Aussendung.

Die freiheitlichen Regierungsmitglieder seien "allesamt ehrwürdige, untadelige und kompetente politische Persönlichkeiten", erklärte Vilimsky, der für die FPÖ auch im Europaparlament sitzt. Kein ernst zu nehmender Politiker werde diesem "Zuruf aus der politischen Vergangenheit eine Bedeutung beimessen", hoffte er.

Viele Ex-Minister unterzeichneten den Boykott-Aufruf

Zu den Unterzeichnern unter der Führung von Benjamin Abtan vom "European Grassroots Antiracist Movement" (EGAM) mit Sitz in Paris und dem französischen Ex-Außenminister Bernard Kouchner gehören auch Serge und Beate Klarsfeld, bekannt für ihr Engagement gegen nationalsozialistische Täter und Kollaborateure. Ferner der frühere Präsident von Osttimor und Friedensnobelpreisträger Jose Ramos-Horta, der frühere spanische Außenminister Miguel-Angel Moratinos, sowie die frühere kanadische Premierministerin Kim Campbell.

Bereits am 18. Dezember hatte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte den neuen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und dessen Rechtskoalition als Gefahr für Europa kritisiert. Der Antritt der Regierung aus ÖVP und FPÖ sei eine "gefährliche Entwicklung im politischen Leben Europas", sagte Hochkommissar Said Raad al-Hussein damals der Nachrichtenagentur AFP in Genf.

Freundlich wurde Kurz hingegen bei seinem Besuch in Brüssel am 19. Dezember empfangen. Sowohl EU-Ratspräsident Donald Tusk als auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprachen Kurz ihr Vertrauen aus und bezeichneten Österreich als weiterhin zuverlässigen Partner.