Waldimir Putin treibt eine politische Neuordnung in Syrien voran, nachdem die Terrormiliz IS weitgehend zurückgedrängt wurde. Kurz nach dem überraschenden Treffen mit Syriens Machthaber Bashar al-Assad verhandelt der russische Präsident mit den Staatschefs der Türkei und des Irans über weitere Entwicklungen in dem Bürgerkriegsland. Putin wird am Mittwoch im russischen Badeort Sotschi Recep Tayyip Erdogan und Hassan Rohani zu Gesprächen empfangen. Dabei sollen weitere Bemühungen um eine politische Lösung des Syrien-Konflikts vorangetrieben warden.

Der Kreml bezeichnete das Treffen mit Assad am Montagabend als Vorbereitung für die Dreier-Gespräche am Schwarzen Meer. Der türkische Präsident war erst in der vergangenen Woche dorthin gereist, um mit Putin zu verhandeln. Russland hat gemeinsam mit der Türkei und dem Iran mehrere Verhandlungen zu Friedensgesprächen zwischen der syrischen Regierung und der Opposition vermittelt, die den UN-geführten Friedensprozess in Genf ergänzen. Russland unterstützt die syrische Armee seit 2015 mit Luftangriffen.

Putin hat zuvor in einem Telefonat mit seinem US-Kollegen Donald Trump auf eine politische Lösung im Bürgerkrieg gedrungen. Putin habe in dem Gespräch am Dienstag betont, dass die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität Syriens erhalten bleiben müssen, teilte das Präsidialamt in Moskau mit. Es müsse eine politische Einigung erzielt werden, die auf Grundsätzen fuße, die in einem umfassenden Verhandlungsprozess in Syrien ausgearbeitet werden sollten. Nach Angaben aus dem US-Präsidialamt dauerte das Telefonat etwa eine Stunde. Es sei auch über die Ukraine, den Iran, Nordkorea und Afghanistan gesprochen worden. Russland ist der wichtigste Unterstützer des syrischen Präsidenten. Die USA arbeiten dagegen mit Rebellen zusammen, um gemeinsam mit einer internationalen Militärallianz die radikalislamische IS-Miliz in Syrien zu bekämpfen.

Nach offiziellen Angaben sprach Putin in Sotschi am Schwarzen Meer drei Stunden lang mit seinem syrischen Kollegen. Das Treffen, das bereits am Montag stattgefunden hatte, sollte die Grundlagen für die Gespräche zwischen Russland, der Türkei und dem Iran legen, wie das Präsidialamt am Dienstag mitteilte. Alle drei Staaten sind militärisch in Syrien engagiert. Das russische Fernsehen zeigte das Treffen Putins mit Assad. Wie der Kreml mitteilte, gratulierte Putin Assad für die "Ergebnisse im Kampf gegen Terrorgruppen". Syrien nähere sich dem "finalen, unvermeidbaren Sieg über die Terroristen", sagte Putin laut der Erklärung des Präsidialamts. "Dank der russischen Armee ist Syrien als Staat gerettet worden. Viel ist getan worden, um die Situation in Syrien zu stabilisieren." Es gehe nun um politische Fragen, und er habe mit Zufriedenheit die Bereitschaft Assads registriert, mit all jenen zusammenzuarbeiten, die Frieden und eine politische Lösung wollten, so Putin. Russland unterstützt dabei den Vorschlag eines Kongresses des syrischen Volkes, in den sich alle ethnischen Gruppen und Kriegsparteien einbringen.

Assad bekundete seine Bereitschaft für eine politische Lösung. Er sei zum Dialog mit allen bereit, die dies ebenso wollten. Er setze zugleich auf die Unterstützung Russlands, um eine Einmischung von außen in den Friedensprozess zu unterbinden. Der syrische Machthaber befindet sich in einer Position der Stärke, seitdem seine Truppen mit Hilfe Russlands und des Iran die Rebellen aus Aleppo und anderen Städten vertrieben haben.

Der Krieg in Syrien ist von vielen ausländischen Interessen bestimmt. Während Russland und der Iran Assad unterstützen, steht die Türkei aufseiten der Rebellen. Seit vergangenem Jahr haben sich die Türkei und Russland aber deutlich angenähert, und Putin und Erdogan treffen einander regelmäßig zu Gesprächen. Für die Türkei ist die Priorität in Syrien inzwischen weniger der Sturz Assads, als die Eindämmung des Einflusses der Kurden. Putin geht es vor allem darum, seinen letzten engen Verbündeten und seine militärische Präsenz in der Region zu erhalten. Der Iran ist an einer schiitischen Achse über den Irak, Syrien bis in den Libanon interessiert.

Die meist sunnitischen Extremisten und Rebellen in Syrien wurden vor allem von Saudi-Arabien unterstützt, das einen wachsenden Einfluss des Iran verhindern will. Putin werde noch im Laufe des Tages mit König Salman ibn Abd al-Aziz telefonieren, und ihn über das Gespräch mit Assad informieren, sagte ein Sprecher Putins.

Die USA fordern einen Rücktritt Assads. Sie unterstützen oppositionelle Rebellen finanziell und mit Waffen, kämpfen aber auch zusammen mit Verbündeten gegen den IS in Syrien. US-Außenminister Rex Tillerson hatte zuletzt betont, Assad und dessen Familie würden in einem neuen Syrien keine Rolle mehr spielen.

Der Krieg in Syrien tobt seit mehr als sechs Jahren. Hunderttausende Menschen wurden getötet. Millionen Menschen ergriffen die Flucht. Russland, die Türkei und der Iran bemühen sich seit Jahresbeginn um eine Deeskalation des Konflikts, dem seit März 2011 mehr als 330.000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Bei sieben Treffen im kasachischen Astana wurde die Einrichtung sogenannter Deeskalationszonen vereinbart, in denen regionale Waffenruhen zwischen Rebellen und Regierungstruppen gelten.

Der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow sagte beim Treffen mit seinen iranischen und türkischen Kollegen in Sotschi, im Syrien-Konflikt gehe "die aktive Phase der Militäraktionen zu Ende". Die Rebellen kontrollieren nur noch wenige Gebiete und die Jihadistenmiliz IS steht vor dem Verlust ihrer letzten Ortschaften.

Der IS ist auch nach Einschätzung des Iran sowohl in Syrien als auch im Nachbarland Irak inzwischen endgültig besiegt. Präsident Rouhani erklärte die Terrormiliz für besiegt. "Die teuflische Herrschaft des IS ist beendet", zitierten iranische Medien Qassem Soleimani, Kommandant der Al-Quds-Einheit der Revolutionsgarden, die entscheidend am Kampf gegen den IS beteiligt war.

Am kommenden Dienstag soll in Genf eine neue Runde von Friedensgesprächen unter Vermittlung der Vereinten Nationen stattfinden. In den bisherigen Gesprächsrunden scheiterte eine Einigung an der Frage der Zukunft von Machthaber Assad. Die Opposition beharrt auf seinem Rücktritt, doch dürfte die Regierung in dieser Frage kaum zu Zugeständnissen bereit sein.

In Genf soll es vor allem um die Ausarbeitung einer neuen Verfassung und Neuwahlen gehen. Am Mittwoch kommen verschiedene Gruppen der syrischen Opposition im saudi-arabischen Riad zu Gesprächen zusammen. Bei dem Treffen will das Hohe Verhandlungskomitee (HNC) der Opposition seine Strategie für Genf festlegen.

Vor dem Treffen trat der HNC-Koordinator Riad Hijab von seinen Aufgaben zurück. Gründe dafür nannte er nicht. Er kritisierte jedoch auf Twitter Bestrebungen, die "Herrschaft von Staatschef Bashar al-Assad zu verlängern". Mit seinem Rücktritt kam Hijab möglicherweise seiner Ablösung als HNC-Koordinator bei dem Treffen in Riad zuvor.