Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont wollte zu Mittag eine Erklärung im Fernsehen abgeben.  Die Erklärung wurde zunächst von 13.30 auf 14.30 Uhr verschoben und dann ganz abgesagt. Puigdemont wollte laut Medienberichten in Katalonien am 20. Dezember zu den Urnen schreiten lassen. Das Regionalparlament soll aufgelöst werden. Damit wolle er der spanischen Zentralregierung und ihren Zwangsmaßnahmen zuvorkommen. Doch dann kam es anders.

Vor dem Regierungspalast hatten zu Mittag Tausende Menschen für die Unabhängigkeit demonstriert und gegen den erwarteten "Verrat" durch die Regionalregierung. Tausende Studenten versammelten sich vor dem Sitz der Regionalregierung (Generalitat) in Barcelona, um ihre Unterstützung für die Unabhängigkeit Kataloniens zu bekunden und um gegen die spanische Zentralregierung zu protestieren. Sie schwenkten katalanische Fahnen oder trugen Tücher in den roten und gelben Farben Kataloniens um den Hals. Sie riefen: "Raus mit der Besatzungsmacht!" 

Puigdemont hatte sich die ganze Nacht bis in die frühen Morgenstunden mit Beratern und Politikern seines Regierungsbündnisses beraten. Er ist zu Neuwahlen bereit, hieß es am Donnerstag Vormittag, fordere aber, dass Madrid auf die Umsetzung des Artikels 155 verzichtet, der Zwangsmaßnahmen gegen die katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter vorsieht. Am frühen Abend (17.00 Uhr) begann die mit Spannung erwartete Sitzung des katalanischen Parlaments. Entgegen den Vermutungen lehnte Puigdemont in seiner Rede  jedoch Neuwahlen in Katalonien ab

Was hätte die Ausrufung der Unabhängigkeit bedeutet?

Die Regierung in Madrid hat für diesen Fall harte Maßnahmen gegen die autonome Regierung in Katalonien angekündigt, die der spanische Senat mit hoher Wahrscheinlichkeit am Freitag billigen wird. Zu den Maßnahmen gehören die Absetzung des katalanischen Regierungschefs Puigdemont und seiner Minister sowie Neuwahlen.

Wie wird Madrid jetzt reagieren?

Die Ausrufung von Neuwahlen durch Katalonien brächte Madrid etwas in die Bredouille. Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy und seine konservative Volkspartei PP wollen Medienberichten zufolge wohl weiter an den Maßnahmen festhalten. Die sozialdemokratische PSOE, die das harte Vorgehen im Falle einer Unabhängigkeitserklärung generell unterstützt, sähe aber bei Neuwahlen keinen Grund mehr dafür.

Was sehen die Maßnahmen alles vor?

Rajoy hatte bei der Bekanntgabe erklärt, im Falle von Neuwahlen könne Puigdemont nicht antreten und auch keine Kandidaten vorschlagen. Die Befugnisse des Parlaments würden bis zur Auflösung stark eingeschränkt. Zudem will Madrid die Kontrolle über die örtliche Polizei - die Mossos -, über die Finanzbehörden und auch über amtliche Medien. Diese Maßnahmen bedeuteten aber auf keinen Fall die Aussetzung der Autonomie und der Selbstverwaltung Kataloniens, beteuerte Rajoy. Am Freitag tritt der spanische Senat zusammen, der die Maßnahmen gegen die katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen billigen sollte