In den vergangenen Tagen sind immer mehr Berichte über sexuelle Belästigung im EU-Parlament ans Tageslicht gelangt. Das Internetportal Politico meldete am Mittwoch, dass sich von Dutzenden Frauen auch mindestens zwei nach ihren Angaben ehemalige EU-Parlamentsmitarbeiterinnen wegen Vergewaltigung durch Kollegen an das Medium gewandt haben.

Auch hätten die Betroffenen die Vorfälle sehr wohl der entsprechenden Stelle im EU-Parlament gemeldet, schreibt Politico weiter. EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani sowie auch andere EU-Abgeordnete hatten seit Montag stets betont, dass bei dem sogenannten Ausschuss für Belästigungen keine formelle Beschwerde eingegangen war.

Keine Vergewaltigungen gemeldet

Die EU-Parlamentssprecherin Marjory Van den Broeke erklärte unterdessen, es seien keine Berichte über Vergewaltigungen gemeldet worden. Gleichzeitig bestätigte sie aber auch, dass es mehrere Fälle von sexueller Belästigung in den vergangenen Jahren gegeben habe. Diese seien entsprechend geahndet worden, so seien etwa Mitarbeiter suspendiert worden.

Auch in der Debatte im EU-Parlament wurden gemeldete Fälle von sexueller Belästigung seit 2014 erwähnt. Die EU-Abgeordneten widmeten sich am Mittwochvormittag in Straßburg den jüngsten Berichten, am Donnerstag soll dann eine nicht-bindende Resolution verabschiedet werden.

In ihrem Eröffnungsstatement hielt EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström dazu fest, dass lokale Stellen, die sich um die Betroffenen kümmern, mehr unterstützt werden müssten. Heuer seien 12,7 Millionen Euro in Projekte für entsprechende Organisationen gesteckt worden. Auch, betonte Malmström weiter, sei es notwendig, dass die bereits existierende EU-Richtlinie zu den Rechten der Frauen auf nationaler Ebene umgesetzt werde.

"Mauer des Schweigens gebrochen"

"Die Mauer des Schweigens ist gebrochen, die Opfer beginnen zu sprechen", sagte die EU-Abgeordnete Agnieszka Kozlowaska der Europäischen Volkspartei (EVP) zu Beginn der Debatte. Dass Frauen ohne Angst oder Schuldgefühle darüber reden können, müsste gewährleistet werden, lautet der Tenor der Diskussion. Konkrete Vorschläge dazu gab es nicht.

Unterschiedliche Auffassungen hatten die EU-Abgeordneten über die Aufarbeitung der aktuellen Fälle. Die Sozialdemokraten forderten erneut eine externe Untersuchung der Fälle - Unterstützung von EU-Abgeordneten anderer Fraktionen erhielten sie kaum.

In dem Plenarsaal hatten einige EU-Mandatarinnen auf ihren Platz ein Schild mit der Aufschrift "#MeToo" stehen. Seit den Missbrauchsvorwürfen gegen den Hollywood-Filmemacher Harvey Weinstein berichten Frauen auf der ganzen Welt unter diesem Stichwort von schlechten Erfahrungen. Auch ein paar EU-Abgeordnete erzählten in der Debatte in Straßburg von ihren eigenen Geschichten.

Für die NEOS-Abgeordnete Angelika Mlinar, die im Namen der ALDE-Fraktion sprach, müsse sich "#MeToo" zu einem "#MeNot" wandeln. Es brauche aber nicht nur eine Kampagne in den Sozialen Medien, sondern eine Änderung des Machtgefüges - eine Ausnützung der Machtbeziehungen dürfe es nicht mehr geben, forderte Mlinar.

Im Hinblick auf die angemeldeten Wortspenden, von denen fünf von den insgesamt 40 von Männern stammten, betonte ein EU-Abgeordneter, "dass dies nicht nur ein Problem der Frauen sei". Auch einige andere EU-Mandatare hatten zu einem "gemeinsamen" Kampf gegen sexuellen Missbrauch aufgerufen.