US-Präsident Donald Trump setzt im Atomkonflikt mit dem Iran weiter auf Konfrontation und löst damit international Besorgnis aus. Auch Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) haben sich für das Abkommen ausgesprochen. Dieses sei "ein wesentlicher Hebel zur Stabilität im Nahen Osten", betonte Kern in der "Zeit im Bild" am Samstagabend.

"Ich denke, es ist wichtig, jetzt in Ruhe auf Basis des Abkommens weiter zu arbeiten. Die Einhaltung hat bislang im Wesentlichen funktioniert", sagte der Bundeskanzler. Kern verwies außerdem darauf, dass er sich "im Kreis der EU-Regierungschefs" darüber unterhalten habe. Laut seinem Sprecher gab es informelle Einzelgespräche mit Amtskollegen. ÖVP-Chef Kurz betonte: "Der Deal, der hier in Wien abgeschlossen wurde, ist ein guter. Wenn man den jetzt infrage stellt, dann destabilisiert man die Beziehungen zum Iran und auch die ganze Region. Davon halte ich gar nichts", erklärte Kurz.

Merkel, Macron und May stehen zu Abkommen

Die an dem Abkommen beteiligten Regierungen in Berlin, Paris und London reagierten "besorgt". Der Erhalt der Vereinbarung "ist in unserem gemeinsamen nationalen Sicherheitsinteresse", hieß es einer Erklärung von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Großbritanniens Premierministerin Theresa May.

May und Merkel verständigten sich am Sonntag aber auch darauf, dass sich die internationale Gemeinschaft weiter abstimmen müsse, um die destabilisierenden Aktivitäten des Iran in der Region zurückzudrängen. Auch Bedenken zum iranischen Raketenprogramm müssten ausgeräumt werden. 

Deutschlands Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) bezeichnete die Haltung Trumps zum Atomabkommen am Samstag als "schwieriges und gefährliches Signal". Gabriel sagte im Deutschlandfunk, womöglich würden sich nun viele andere überlegen, ob sie sich selbst atomar bewaffnen sollten. Er warnte vor einer Kriegsgefahr in relativer Nähe zu Europa.

Iran hofft auf Widerstand gegen Trump

Trumps Vorgehen löste auch den Vorwurf aus, die USA drohten ihre Glaubwürdigkeit zu verspielen. Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian sagte: "Wenn wir ein anerkanntes Abkommen aufkündigen, kommen wir in eine teuflische und sehr gefährliche Logik."

Der Iran hofft indes auf "Europas Widerstand" gegen Trump. Präsident Hassan Rouhani sagte, die USA stünden mit ihrer Ansicht zum Atomabkommen "so allein da wie noch nie". "Der Widerstand der Europäer wird zeigen, ob das Atomabkommen weitergeführt werden kann oder nicht", erklärte Außenminister Mohammad Javad Zarif laut iranischen Medienberichten am Sonntag. Der Iran wolle am Abkommen festhalten, solange auch die europäischen Verhandlungspartner dies tun, sagte Zarif.

Kerry appeliert an US-Kongress

Ex-US-Außenminister John Kerry warf Trump vor, eine "internationale Krise" auszulösen. Er appellierte an den Kongress, die Sanktionen nicht wieder in Kraft zu setzen. Russlands Außenministerium bezeichnete Trumps "aggressive und drohende Rhetorik" als "inakzeptabel". Versuche, mit solchen "Methoden" Sicherheitsprobleme zu lösen, seien zum Scheitern verurteilt. Auch die mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) warnte, Trumps Schritt drohe zur Weiterverbreitung von Atomwaffen beizutragen.

Auch Israel für Sanktionen

Lob für Trump kam dagegen aus Saudi-Arabien und Israel. "Wenn sich nichts ändert, wird der Iran binnen weniger Jahre über ein Arsenal von Atomwaffen verfügen", sagte der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu zum Auftakt einer Regierungssitzung in Jerusalem. "Der Vertrag stoppt dies nicht, sondern schafft einen sicheren Weg zu einem Anreicherungssystem, das dem Iran schnell Dutzende Atombomben verschaffen kann."

Trumps Entscheidung schaffe die Gelegenheit, "das Atomabkommen zu verbessern und die wachsende iranische Aggression in unserer Region zu stoppen". Netanyahu lobte auch Trumps Ankündigung von Sanktionen gegen die iranischen Revolutionsgarden, die der israelische Regierungschef als "zentraler Arm des Irans zur Verbreitung von Terror in der Welt" beschrieb. Trump selbst twitterte mit Blick auf seine Kritiker: Die Unterzeichner des Abkommens würden "viel Geld durch Handel mit dem Iran" verdienen.

Trump hatte am Freitag einen härten Umgang mit dem Iran und neue Sanktionen angekündigt. Einen Ausstieg aus dem 2015 vereinbarten Atomabkommen verkündete er zwar nicht, drohte aber mit einer späteren Aufkündigung, sollten die "vielen schweren Mängel" nicht beseitigt werden. Außerdem verweigerte Trump die "Zertifizierung", dass Teheran sich an das Abkommen hält. Damit delegierte er die Verantwortung für den weiteren Umgang mit dem Atomabkommen an den US-Kongress. Dieser muss nun binnen 60 Tagen entscheiden, ob er die auf Grundlage des Abkommens ausgesetzten Sanktionen wieder in Kraft setzt.