Die spanische Regierung lehnt eine Vermittlung im Streit um die Unabhängigkeit Kataloniens ab. "Die Regierung wird über nichts Illegales verhandeln und wird keine Erpressung hinnehmen", erklärte das Büro des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy am Mittwochabend in Madrid.

Gespräche werde es erst geben, wenn der katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont die Unabhängigkeitsbestrebungen aufgebe. "Wenn Herr Puigdemont sprechen oder verhandeln will oder Vermittler entsenden will, dann weiß er sehr genau, was er zunächst tun muss: sich auf den Weg des Gesetzes zurückbegeben, den er niemals hätte verlassen dürfen", erklärte die Regierung in Madrid.

Puigdemont will Vermittlung

Puigdemont hat bereits mehrfach eine Vermittlung im Streit mit der Zentralregierung gefordert. "Ich stehe für einen Vermittlungsprozess zur Verfügung, weil der Frieden, der Dialog und die Verhandlung zu unserer politischen Natur gehören", sagte er in einer TV-Ansprache am Mittwochabend. Der Regierungschef stellte aber auch klar, dass die Pläne zur Ausrufung der Unabhängigkeit von Spanien verwirklicht werden sollen. "Meine Regierung wird keinen Millimeter von ihrer Verpflichtung abrücken". In einem Interview der BBC hatte der 54-Jährige zuvor erklärt, derzeit herrsche Funkstille zwischen Barcelona und Madrid.

Carles Puigdemont
Carles Puigdemont © AP

Katalonien könnte sich nach dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum vom Sonntag schon bald von Spanien lossagen. Das Regionalparlament will möglicherweise bei einer Sitzung am kommenden Montag die Unabhängigkeit erklären, wie am Mittwoch aus der Regionalregierung in Barcelona verlautete.

Beim Referendum hatte eine deutliche Mehrheit am Sonntag für eine Unabhängigkeit Kataloniens gestimmt. Die Abstimmung war trotz eines Verbots durch das Verfassungsgericht und gegen den Willen Madrids abgehalten worden. Allerdings war die Beteiligung mit 42 Prozent niedrig und Gegner einer Abspaltung dürften der Abstimmung überwiegend fern geblieben sein. Beim harten Einsatz der von Madrid entsandten Polizeieinheiten zur Verhinderung der Abstimmung wurden nach Angaben der Regionalregierung fast 900 Menschen verletzt.

Scharfe Rede von König Felipe VI.

Dass König Felipe VI. in seiner Rede am Dienstagabend kein Wort des Mitgefühls für die Opfer der Polizeigewalt äußerte, keinen Aufruf zum Dialog machte und die Katalanen nicht direkt ansprach wurde von Puigdemont scharf kritisiert. "So nicht! Mit Ihrer Entscheidung haben Sie sehr viele Menschen in Katalonien enttäuscht", sagte er in Richtung des Monarchen - der in erster Linie hervorgehoben hatte, der Staat müsse die verfassungsmäßige Ordnung garantieren.

Der König schließe sich lediglich der Politik der Zentralregierung an und werde der vermittelnden und ausgleichenden Rolle eines Staatsoberhaupts nicht gerecht, betonte Puigdemont. Nicht nur er war unzufrieden.

Medienberichten zufolge hat die Zentralregierung alles vorbereitet, um gemäß Verfassungsartikel 155 die Regionalregierung abzusetzen und die Region vorübergehend von Madrid aus zu verwalten. Aber viele der 7,5 Millionen Katalanen pochen auf ihre "Andersartigkeit", auf ihre Sprache und Kultur. Der Wunsch nach Selbstbestimmung der Region im Nordosten Spaniens an der Grenze zu Frankreich hat tiefe Wurzeln und ist Jahrhunderte alt. Für Spanien wäre der Verlust der Region von der Größe Belgiens mit einer überdurchschnittlich hohen Wirtschaftskraft und einem große Steueraufkommen ein harter Schlag.

Rajoy gerät auch in Madrid immer mehr in die Kritik. Die Sozialisten (PSOE), zweitstärkste Kraft im Madrider Parlament, warfen ihm erneut mangelnde Dialogbereitschaft vor. Die "Nummer drei" in Madrid, die linke Protestpartei Podemos, betonte der Sturz von Rajoys Minderheitsregierung sei nun der einzige Ausweg.