Die USA werfen Nordkorea vor, mit ihren fortgesetzten Atom- und Raketentests einen Krieg provozieren zu wollen. Pjöngjangs Machthaber Kim Jong-un "bettelt um Krieg", sagte die amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley am Montag bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats in New York. China und Russland riefen dazu auf, trotz neuer Provokationen aus Pjöngjang kühlen Kopf zu bewahren.

Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un hatte nach Angaben aus Pjöngjang am Sonntag eine Wasserstoffbombe getestet, mit der Interkontinentalraketen bestückt werden sollen. Wasserstoffbomben sind ein Vielfaches stärker als herkömmliche atomare Sprengsätze. Der sechste Atomversuch Nordkoreas seit 2006 löste weltweit Kritik aus.

Russland und China warnen

Nach den neuen Drohungen der USA mit einem Militärschlag gegen Nordkorea dringen Russland und China auf eine diplomatische Lösung des Konflikts. Jeder ungeschickte Schritt könne in der gegenwärtigen Situation zur Explosion führen, warnte der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow am Montag in der chinesischen Stadt Xiamen.

Der "Stärkere und Klügere" müsse Zurückhaltung üben, forderte er mit Blick auf die US-Angriffsdrohungen für den Fall, dass Nordkorea die USA oder einen Verbündeten bedrohten. Südkorea verstärkte als Reaktion auf den neuerlichen Atomtest des Nordens seine Verteidigungsbereitschaft. Dazu sollten auch US-Flugzeugträger und strategische Bomber in Südkorea stationiert werden, kündigte der Generalstab an.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat zu einer Wiederaufnahme der Verhandlungen aufgerufen. In einem Telefonat mit dem südkoreanischen Staatschef Moon Jae-in sagte Putin, politisch-diplomatische Mittel müssten aktiv genutzt werden.

Merkel fordert verschärfte Sanktionen

Angesichts der "uneinsichtigen und konfrontativen Haltung Nordkoreas" müsse die internationale Gemeinschaft "zügig weitere und verschärfte Sanktionen" beschließen, erklärte auch Deutschlands Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag nach einem Telefonat von Kanzlerin Angela Merkel mit Südkoreas Präsident Moon Jae-in.

Merkel und Moon verurteilten "die erneute Provokation durch das Regime in Pjöngjang, mit der eine neue Dimension des Konflikts erreicht" sei. Gemeinsames Ziel sei es weiterhin, "eine militärische Eskalation zu vermeiden und eine friedliche Lösung zu ermöglichen". Die Kanzlerin habe dem Präsidenten und den Südkoreanern ihre Solidarität ausgedrückt.

Die EU sei bereit, "neue und härtere" Sanktionen des UNO-Sicherheitsrates gegen Nordkorea zu unterstützen, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Montag nach dem neuerlichen Atomwaffentest Nordkoreas. "Wenn uns Frieden wichtig ist, ist jetzt die Zeit, Nordkorea maximal unter ökonomischen und diplomatischen Druck zu setzen", sagte Mogherini

USA bereit für Atom-Krieg

Die USA sind im Nordkorea-Konflikt auch zum Einsatz ihrer Atomwaffen bereit: US-Präsident Donald Trump hat dem Weißen Haus zufolge dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe bei einem Telefongespräch zugesagt, dass die USA ihr eigenes Gebiet sowie ihre Verbündeten verteidigen würden, wobei "die volle Bandbreite der diplomatischen, konventionellen und nuklearen Möglichkeiten eingesetzt" würde.

Nordkorea hatte die Weltgemeinschaft am Sonntag mit einem erneuten Atomwaffentest schockiert, das Staatsfernsehen des Landes sprach von einer Wasserstoffbombe.

Heute tritt dazu der UN-Sicherheitsrat zusammen. Das Treffen finde auf Antrag der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Japans und Südkoreas statt, erklärten Diplomaten am Sonntag in New York.

Verteidigung "mit allen Mitteln"

Bereits wenige Stunden zuvor hatte Trump seine Entschlossenheit bekräftigt, das eigene Land und Verbündete zu verteidigen - "mit der vollen Bandbreite der zur Verfügung stehenden diplomatischen, konventionellen und nuklearen Kapazitäten".

In einem Telefongespräch mit dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe hätten beide Spitzenpolitiker Nordkoreas "anhaltende destabilisierende und provozierende Aktionen" verurteilt, die "eisenharten" beiderseitigen Verteidigungsverpflichtungen bekräftigt und eine weitere enge Zusammenarbeit vereinbart, hieß es weiter.

Bereits zuvor hatte Verteidigungsminister James Mattis Nordkorea gewarnt, dass es im Fall einer Bedrohung der USA oder derer Verbündeten mit einer massiven militärischen Antwort rechnen müsse.

Thermonukleare Kernschmelze mit verheerender Kraft

Der Atomtest löste ein Beben der Stärke 6,3 aus, die Sprengwirkung des Tests übertraf nach Expertenangaben die der Atombombe von Hiroshima. Wasserstoffbomben sind potenziell besonders verheerende Nuklearwaffen. Anders als einfache atomare Sprengsätze beziehen sie den Großteil ihrer Zerstörungskraft nicht aus der Spaltung von Uran- oder Plutoniumkernen, sondern aus der Verschmelzung (Fusion) von Kernen des Elements Wasserstoff.

Während dieses Prozesses, der auch die Sonne antreibt, werden gigantische Energiemengen frei. Um die für eine Kernfusion nötigen extremen Temperaturen und Druckverhältnisse zu erzeugen, ist eine Nuklearexplosion nötig. Wasserstoffbomben sind daher zweistufig aufgebaut, wobei ein Atom-Sprengsatz als eine Art "Zünder" für den Fusionsvorgang dient. Bei diesem werden in der Bombe mitgeführte Kerne der Wasserstoff-Isotope Deuterium und Tritium derartig stark verdichtet, dass sie verschmelzen.

Stärker als einstufige Atombomben

Mit Wasserstoffbomben lassen sich weit stärkere atomare Explosionen erzeugen als mit einstufigen Atombomben, die konstruktionsbedingten Beschränkungen unterliegen. Weil Kernfusionsvorgänge weitaus mehr Energie freisetzen als Kernspaltungsprozesse, können bei gleichen Abmessungen so außerdem stärkere Bomben konstruiert werden. Bomben nach dem Fusionsprinzip gelten deshalb als effizienter.

Der Bau einer Fusionsbombe ist aufgrund ihres äußerst komplexen inneren Aufbaus jedoch erheblich schwieriger als der eines Kernspaltungs-Sprengsatzes. Die Staaten, die in den vergangenen Jahren in den Kreis der Atommächte aufstiegen, verfügen nach Überzeugung von namhaften Experten aller Wahrscheinlichkeit nach bisher nicht über einsatzfähige Waffen diesen Typs - auch wenn Indien und jetzt auch Nordkorea dies behaupteten.

Die erste zweistufige echte Wasserstoffbombe der Welt wurde von den USA am 1. November 1952 im Pazifik getestet (Operation Ivy Mike), die Sowjetunion folgte im Jahr darauf. Diese Waffen waren aber eher Prototypen, die für Einsätze noch nicht geeignet waren. Militärisch nutzbare Bomben hatten die beiden Supermächte erst etwas später. In Kriegen eingesetzt wurden diese bisher nie.

Südkorea startete Raketenübung

Als Reaktion auf den jüngsten Atomwaffentest Nordkoreas startete Südkorea am Montag eine eigene Raketen-Übung. Die südkoreanische Armee habe einen Angriff auf das Atomgelände des nördlichen Nachbarn simuliert, wobei auf "bestimmte Ziele" im Meer geschossen worden sei, teilte der südkoreanische Generalstab nach Angaben der amtlichen Agentur Yonhap mit. Die Übung sei eine "Antwort auf den sechsten Atomtest des Nordens", es seien ballistische Hyunmoo-Raketen und Kampfjets vom Typ F-15k zum Einsatz gekommen.