Washington werde jede Bedrohung seines Territoriums oder seiner Verbündeten durch Nordkorea mit einer "massiven militärischen Reaktion" beantworten, sagte Verteidigungsminister James Mattis am Sonntag.

"Jede Bedrohung der USA oder ihrer Territorien, einschließlich Guam, oder ihrer Verbündeten wird eine massive militärische Antwort nach sich ziehen, eine sowohl effektive als auch überwältigende Antwort", sagte Mattis. Die Regierung in Washington strebe nicht die Vernichtung eines Landes an, namentlich Nordkorea. "Aber wir haben viele Optionen, dies zu tun."

Für Trump ist Nordkorea "große Bedrohung"

US-Präsident Donald Trump selbst hat den jüngsten Atomwaffentest als "sehr feindlich und gefährlich" für die USA bezeichnet. Pjöngjang sei eine "große Bedrohung und Peinlichkeit" auch für China, "das versucht zu helfen, aber mit wenig Erfolg", schrieb Trump am Sonntag im Kurzbotschaftendienst Twitter. Eine Politik der Befriedung mit Pjöngjang "funktioniert nicht".

"Sie (die nordkoreanische Führung, Anm.) verstehen nur eines!", twitterte Trump. Er nannte Nordkorea nach dessen jüngstem "bedeutendem Atomwaffentest" einen Schurkenstaat, "dessen Worte und Taten weiterhin sehr feindselig und gefährlich für die Vereinigten Staaten sind".

"Südkorea merkt gerade, wie ich ihnen gesagt habe, dass ihre Sprache der Beschwichtigung mit Nordkorea nicht funktionieren wird, die verstehen nur eine Sache!", schrieb der US-Präsident.

Die USA bereiten nach dem jüngsten Atomwaffentest Nordkoreas neue Sanktionen gegen das stalinistisch regierte Land vor. "Wer mit Nordkorea Geschäfte macht, wird keine mit uns machen können", sagte US-Finanzminister Steven Mnuchin am Sonntag dem Fernsehsender Fox News. Er werde seine Vorschläge US-Präsident Donald Trump vorlegen.

Wie bedeutend der Bombentest für das Regime in Pjöngjang war, zeigt dessen offizielle Bekanntgabe: Nach längerer Abwesenheit ging die prominente Sprecherin Ri Chun-hee am Sonntag wieder auf Sendung, um mit markant-bebender Stimme den "vollkommenen Erfolg" eines Wasserstoffbombentests Nordkoreas bekannt zu geben. Der Test, der die Region im Umkreis von Hunderten Kilometern erschütterte, habe "klar bewiesen", dass die Nuklearwaffen ihres Landes "höchst präzise" seien.

Die mehr als 70 Jahre alte Ri kommt meist bei besonderen Ereignissen zum Zug: So verkündete sie etwa in kummervollem Ton die Tode der früheren Machthaber Kim ll-sung und Kim Jong-il. Zuletzt war Ri nur noch selten zu sehen. Vor zwei Monaten durfte sie den Test einer Interkontinentalrakete bekannt geben.

Trotz des neuerlichen Atomtests braucht Nordkorea nach Einschätzung eines russischen Experten noch gut fünf Jahre für den Bau einer einsatzfähigen Atombombe.

"Sie haben Atomsprengköpfe und Raketen, die sie auf der Basis von sowjetischen Scud-Raketen entwickelt haben, die sie in den 1960er und 1970er Jahren erhalten haben", sagte Iwan Moissejew, Direktor des Instituts für Weltraumpolitik, am Sonntag in Moskau. Nordkoreanische Ingenieure hätten die Technik zwar weiterentwickelt. "Aber Sprengköpfe und Raketen zu vereinen ist keine einfache Aufgabe." Dafür brauche Nordkorea noch Zeit, sagte Moissejew der Agentur Interfax.

Nordkorea hat am Sonntag nach eigenen Angaben eine Wasserstoffbombe gezündet. Der Test sei ein "absoluter Erfolg" gewesen, meldete das nordkoreanische Staatsfernsehen. Mit der Bombe könne auch eine neue Interkontinentalrakete (ICBM) des Landes bestückt werden, hieß es in dem Bericht. Radioaktivität sei bei dem von Staatsführer Kim Jong-Un angeordneten Test nicht ausgetreten.

Stärkere Explosionen möglich

Wasserstoffbomben sind potenziell besonders verheerende Nuklearwaffen, mit denen sich weit stärkere Explosionen erzeugen lassen als mit herkömmlichen Atombomben.

Es wäre der sechste Atomtest Nordkoreas, den ersten hatte das diplomatisch isolierte Land 2006 durchgeführt. Nordkorea hatte auch nach dem Test im Jänner des vergangenen Jahres von einem Wasserstoffbombentest gesprochen. Experten hatten die Angaben allerdings stark bezweifelt. Solche Bomben sind technisch außerordentlich kompliziert herzustellen.

Bereits wenige Stunden vor der Explosion am Sonntag erklärte Nordkorea, eine Wasserstoffbombe entwickelt zu haben, mit der Interkontinentalraketen bestückt werden könnten. Kim Jong-un habe im Institut für Atomwaffen eine solche Bombe inspiziert, meldete die staatliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA.

Es handle sich um eine "thermonukleare Waffe mit einer außerordentlichen Explosionskraft, geschaffen durch unsere eigenen Anstrengungen und eigene Technologie", zitierte die Agentur den Machthaber. Alle Komponenten der Wasserstoffbombe seien "zu 100 Prozent im eigenen Land hergestellt".

Beben der Stärke 6,3

Der neue Test wurde nach Angaben des südkoreanischen Militärs in der Provinz Nord-Hamgyong im Nordosten durchgeführt, wo das Land bereits die früheren Nuklearversuche unternommen hatte. Die Erschütterungen seien künstlich herbeigeführt worden. Die US-Erdbebenwarte USGS und die zuständige chinesische Behörde maßen für das Beben die Stärke 6,3.

Die Explosion vom Sonntag sei fünf bis sechs Mal stärker gewesen als beim vorangegangenen Atomwaffentest im September 2016, sagte der Direktor der für Erdbebenmessungen zuständigen südkoreanischen Meteorologischen Behörde, Lee Mi-sun. Damit handle es sich um den stärksten bisher gemessenen Test.

Enorme Sprengkraft

Damit korrigierte Lee erste Angaben seiner Behörde, die von der Nachrichtenagentur Yonhap zitiert worden waren, nach unten. Die ersten Berechnungen hatten noch von einer Explosion gesprochen, deren Sprengkraft 9,8 Mal stärker gewesen sei als beim letzten Atomwaffentest vor einem Jahr. Der fünfte Atomwaffentest im September 2016 war bereits der stärkste bis dahin gemessene.

Wenige Minuten nach der heftigen Explosion maß das chinesische Erdbebenzentrum nach eigenen Angaben ein zweites Beben - diesmal mit der Stärke 4,6. Sein Epizentrum sei an der Erdoberfläche gelegen, das Beben sei auf einen "Einsturz" oder "Kollaps" zurückzuführen, meldete das Erdbebenzentrum ohne weitere Angaben. Möglicherweise rührten die Erdstöße vom Einsturz des unterirdischen Explosionsstollens her.

Unübliche seismische Aktivitäten

Die Vereinten Nationen bestätigten einen Atomtest vorerst nicht. Es seien in Nordkorea unübliche seismische Aktivitäten festgestellt, teilte die Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBT) am Sonntag in der Früh in Wien mit. Die Geräte der Messstationen hätten allerdings Erschütterungen ermittelt, die mit einem sechsten unterirdischen Atomversuch Nordkoreas erklärt werden könnten. Experten würden das Ereignis nun analysieren und noch im Laufe des Sonntags Auskunft darüber geben. Die Explosion habe sich auf dem Nukleartestgelände ereignet.

Der befürchtete Atomversuch folgte auf den Test vergangene Woche mit einer Rakete, die über Japan geflogen war. Die USA beraten gerade mit Japan oder auch den Mitgliedern im Weltsicherheitsrat über neue Sanktionen und Gegenmaßnahmen. Peking spielt hier eine wichtige Rolle, weil rund 90 Prozent des Handels mit dem isolierten Land über China läuft.

Nordkorea arbeitet derzeit offenbar daran, seine Bomben dermaßen zu verkleinern, dass sie als Sprengköpfe auf Interkontinentalraketen montiert werden könnten. Damit könnten sie auch die USA erreichen, die die Führung in Pjöngjang als ihren großen Feind sieht.

Reaktionen

Die NATO hat den nordkoreanischen Atomtest als offene Verletzung diverser Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates verurteilt. "Die NATO ist besorgt über Pjöngjangs destabilisierendes Verhaltensmuster, das eine Bedrohung der regionalen und internationalen Sicherheit darstellt", erklärte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Sonntag.

Nordkorea müsse sofort alle Atom- und Raketenprogramme nachprüfbar und unwiderruflich einstellen und den Dialog mit der Weltgemeinschaft wieder aufnehmen.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron haben Nordkoreas neuen Atomtest scharf verurteilt und härtere Sanktionen der EU gegen das isolierte Land gefordert. "Diese jüngste Provokation des Machthabers in Pjöngjang hat eine neue Dimension erreicht", heißt es in einer Erklärung, die die deutsche Regierung nach einem Telefonat Merkels mit Macron am Sonntag veröffentlichte.

Beide seien sich einig, dass Nordkorea das internationale Recht mit Füßen trete und die Staatengemeinschaft auf diese erneute Eskalation geschlossen und entschieden reagieren müsse. Neben dem UNO-Sicherheitsrat sei auch die Europäische Union gefragt.

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel erklärte, Nordkorea heize die ohnehin hoch angespannte Lage auf der koreanischen Halbinsel bewusst weiter an. "Das Regime führt uns erneut vor Augen, dass es eine ernste Bedrohung für den Weltfrieden darstellt." Es gehe nun darum, gemeinsam eine besonnene, aber eindeutige Antwort zu finden.

Vonseiten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teilte Generalsekretär Thomas Greminger mit : "Ich bin tief besorgt über die unverantwortliche Provokation Nordkoreas in Missachtung von Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates. Ich fordere die Demokratische Volksrepublik Nordkorea dringend auf, ihren aggressiven Kollisionskurs aufzugeben und zur Achtung internationaler Normen zurückzukehren." Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte als amtierender OSZE-Vorsitzender, Nordkorea müsse aufhören, seine Fähigkeiten im Bereich Raketen und Atomkapazitäten zu erweitern; es müsse an den Verhandlungstisch zurückkehren. Kurz forderte eine "vereinte und unmissverständliche Antwort des UNO-Sicherheitsrates" auf die jüngsten Ereignisse.