Der Umgang von US-Präsident Donald Trump mit der rechtsextremen Gewalt in Charlottesville stößt im In-und Ausland immer mehr auf Kritik. Politiker aus allen Lagern in den USA forderten am Mittwoch eine Verurteilung und klare Distanzierung von Rassismus. Auch im Ausland gab es Appelle, sich rassistischer Gewalt klar entgegenzustellen.

Auch die Wirtschaftsbosse wenden sich zunehmend ab vom Präsidenten. Nach einer Rücktrittswelle seiner Berater als Reaktion auf Trumps Haltung löste der Präsident am Mittwoch zwei Beratungsinstanzen auf, den Rat für Industrie sowie das Strategie- und Politikforum.

Kurz zuvor war allerdings bekanntgeworden, dass eines der beiden Gremien von sich aus die Einstellung seiner Arbeit ankündigen wollte. Aus dem anderen Kreis hatten sich in den vergangenen Tagen bereits reihenweise Mitglieder verabschiedet. Intel-Chef Brian Krzanich und der Chef des Sportartikelherstellers Under Armour, Kevin Plank, zogen sich aus dem Industrierat zurück. Auch Merkck-Chef Kenneth Fraizer und ein Gewerkschaftsboss verließen den Beraterstab. Fraizer war der einzige Afroamerikaner in der Runde der Berater.

Trump hatte am Dienstag erneut "beide Seiten" der Gewalt in Charlottesville beschuldigt. Damit kehrte er zu seiner umstrittenen Position vom Wochenende zurück, bei der er eine klare Schuldzuweisung vermieden hatte.

Kritik aus eigener Partei

Trump hatte sich erst nach heftigen Protesten auch aus seiner eigenen Partei am Montag von der rechtsextremen Gewalt in Charlottesville distanziert. Dort hatten am Samstag Mitglieder rechter Gruppen gegen die geplante Entfernung des Denkmals eines Generals der Konföderierten-Armee demonstriert. Eine 32-jährige Frau wurde getötet, als ein mutmaßlicher Neonazi sein Auto in die Gegendemonstranten steuerte.

Trump bezeichnete den Täter am Dienstag als "Schande für seine Familie und sein Land". Gleichzeitig sagte er aber, viele Menschen hätten friedlich und "völlig rechtmäßig" gegen die Entfernung einer "sehr wichtigen Statue" demonstriert.

Trumps Stellungnahme wurde über die Parteigrenzen hinweg verurteilt. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, verlangte eine eindeutige Verurteilung des "abstoßenden" Rassismus. Der demokratische Senator Bernie Sanders erklärte, Trump "beschämt unser Land und die Millionen Amerikaner, die gegen die Nazis gekämpft haben und dabei gestorben sind."

Im Internet macht ein Kurzfilm aus den 1940er Jahren die Runde, mit dem die Regierung unter Bezug auf das Nazi-Regime der Hetze gegen Minderheiten entgegentrat. Darin wird deutlich gemacht, wie schnell jeder einzelne selbst Betroffener solcher Hasstiraden sein könnte:

Gemeinsames Bush-Statement

Die beiden früheren US-Präsidenten George H.W. Bush und George W. Bush erklärten am Mittwoch gemeinsam, die USA müssten "rassistischen Fanatismus, Antisemitismus und Hass immer und in jeglicher Form zurückweisen".

Auch die US-Armee, die sich üblicherweise aus der Politik heraushält, verurteilte Rassismus und Intoleranz. Einige rechte Demonstranten waren in Charlottesville in US-Militärkluft aufgetreten. In der Armee der Vereinigten Staaten gebe es unzweifelhaft und absolut keinen Platz für Fanatismus, sagte Generalstabschef Joseph Dunford in Peking auf Reporterfragen zu Rassismus in den USA.

Der frühere CIA-Chef John Brennan beklagte sich unterdessen in einem Brief an den US-Fernsehmoderator Wolf Blitzer mit harschen Worten über Trump. "Herrn Trumps Worte und die Einstellung, die sie repräsentieren, sind eine nationale Schande", schrieb Brennan in dem Brief, den der Nachrichtensender CNN auf seine Internetseite stellte. "Alle Amerikaner, die bei Vernunft sind, müssen seine hässlichen und gefährlichen Kommentare zurückweisen." Ansonsten werde Trump der US-Gesellschaft und der Stellung des Landes in der Welt dauerhaften Schaden zufügen. "Mit seinen Worten setzt Herr Trump unsere nationale Sicherheit und unsere gemeinsame Zukunft einem großen Risiko aus."

Kritik aus dem Ausland

Kritik an Trump kam auch aus dem Ausland. Der deutsche Justizminister Heiko Maas erklärte, es sei "unerträglich", wie Trump die Gewalt "beim Aufmarsch der rechtsextremen Horde von Charlottesville jetzt auch noch beschönigt".

Außenminister Sigmar Gabriel warf Trump vor, die rechtsextremistische Gewalt in Charlottesville in unzulässiger Weise relativiert zu haben. "Natürlich ist eine Gleichsetzung beider Seiten statt einer klaren Distanzierung vom nazistischen Potenzial, das sich da gezeigt hat, ein Riesenfehler", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Und sie ist auch falsch. Und das zeigt eben, wie verwoben ein Teil der Unterstützer Trumps mit der rechtsradikalen Szene der Vereinigten Staaten ist. Sein Chefideologe (Steve) Bannon steht ihnen nahe."

Großbritanniens Premierministerin Theresa May sagte, sie sehe "keine Gleichwertigkeit" zwischen Vertretern rechtsextremer Ansichten und deren Gegnern.

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres sagte, Rassismus und Fremdenhass müssten in den USA und in aller Welt bekämpft werden. "Es ist absolut notwendig, dass wir uns dagegen wehren, überall und immer", sagte Guterres.

Israels Präsident Reuven Rivlin zeigte sich am Mittwoch schockiert über den Antisemitismus bei dem rechten Aufmarsch in Charlottesville. In einem Schreiben an jüdische Organisationen in den USA hieß es zugleich, er sei zuversichtlich, dass "die große Nation der Vereinigten Staaten und ihre politischen Führer wissen, wie sie mit dieser schwierigen Herausforderung umgehen und der Welt die Robustheit und Stärke von Demokratie und Freiheit zeigen".