US-Präsident Donald Trump zieht ein militärisches Eingreifen auch in der Venezuela-Krise in Betracht. Es gebe mehrere Möglichkeiten, darunter "eine militärische Option", sagte Trump am Freitag überraschend in seinem Golfklub in Bedminster im US-Staat New Jersey.

In Venezuela tobt ein erbitterter Machtkampf zwischen der Regierung und der Opposition, mindestens 125 Menschen wurden bei den politischen Unruhen seit Anfang April getötet. Es war nicht unmittelbar klar, was Trump damit meinte. Seine Äußerung fiel ohne Erläuterung oder Zusammenhang. Von militärischen Planspielen oder auch nur konkreteren Überlegungen in Sachen Venezuela ist seitens der US-Regierung nichts bekannt. 

Venezuela kommt nicht zur Ruhe. Das Parlamentsgebäude wurde von Einheiten des Militärs abgeriegelt und der Eintritt für Abgeordnete verboten. Anhaltende Versorgungsprobleme, Misswirtschaft und Unruhen setzen der Bevölkerung immer weiter zu und forderten in den letzten vier Monaten rund 120 Tote. Die Ehemalige Staatsanwältin Luisa Ortega wird nach eigenen Angaben von der Regierung verfolgt und fürchtet um ihr Leben. Kritiker werfen Präsident Maduro vor, das Land in die Diktator zu führen. Wie soll es im Land mit den größten Ölreserven weitergehen? Hier drei Szenarien im Überblick.

Szenario 1: Bürgerkrieg

Da in Bezug auf die Versorgungsprobleme keine Besserung in Sicht ist, die Unzufriedenheit innerhalb der Bevölkerung wächst und sich der Machtkampf in der Regierung immer weiter zuspitzt, könnte man meinen, Venezuela stünde kurz vor einem Bürgerkrieg. „Für einen Bürgerkrieg braucht man jedoch in der Regel zwei bewaffnete Gruppen, die sich gegenüber stehen. Im Moment liegt die Dominanz über die Waffen weiterhin bei der Regierung. Auch das Militär scheint immer noch hinter der Regierung zu stehen, ebenso wie die Polizei. Dann gibt es noch paramilitärische Milizen, die die Regierung ebenfalls unterstützen“, so Detlef Nolte, Direktor des GIGA Institut für Lateinamerika-Studien in Hamburg. Ein Bürgerkrieg ist in näherer Zukunft also vermutlich nicht zu erwarten. In den letzten Tagen konnte man jedoch Unruhen innerhalb der mittleren Reihen des Militärs vernehmen. Sollten diese Unruhen stärker werden und sich innerhalb der mittleren Ränge eine Mehrheit erkennbar machen, wäre ein Militärputsch gegen die Regierung nicht ausschließen: „Die Wahrscheinlichkeit eines Militärputsches halte ich für höher als die für einen Bürgerkrieg. Beides ist allerdings nicht absehbar“, so Nolte gegenüber der „Kleinen Zeitung“.

Szenario 2: Rücktritt von Präsident Nicolas Maduro

Erst letzten Dienstag hatte Maduro eine verfassungsgebende Versammlung einberufen, die nun das Parlament übernehmen und die Opposition schwächen soll. Der Präsident stellt sich als stabil und gestärkt dar und kann sich wohl bis auf weiteres auch auf die Zustimmung des Militärs verlassen. Ein Rücktritt kommt für den venezolanischen Staatschef in nächster Zeit also nicht infrage. Ungewiss ist dabei auch, ob sich die Situation des Landes alleine durch einen Rücktritt des Präsidenten verbessern würde. „Maduro ist nur das Aushängeschild eines Systems, das seit dem Amtsantritt von Hugo Chávez 1999 an der Macht ist. Helfen würde, wenn sich die gesamte Gruppe um Maduro aus dem engeren Kreis der Macht verabschieden würde“, meint etwa Günther Maihold, Professor der Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin.

Szenario 3: Eine friedliche Einigung

Momentan sieht es nicht so aus, als ob es seitens der Regierung ein Kompromissangebot geben würde. „Eher versucht man die Opposition dazu zu bringen, sich den Spielregeln des Regimes zu unterwerfen. Auf Seiten der Opposition ist man dadurch in der schwierigen Position zu entscheiden, ob man sich zumindest teilweise auf die Spielregeln des Regimes einlässt oder nicht“, erklärt Nolte. Meinungsverschiedenheiten über den weiteren Umgang mit dem Regime, könnten zu größeren Spaltungen innerhalb der Opposition führen. Erste Risse sind bereits bemerkbar. Grundsätzlich sollten sich alle Parteien darüber bewusst werden, welchen Schaden der Konflikt dem Land zufügt, um den ersten Schritt in Richtung „friedliche Einigung“ zu machen.

In jedem Fall steht Venezuela vor kritischen Wochen. Eine Staatspleite droht, die Versorgungsprobleme halten an und auch weitere Auseinandersetzungen sind nicht auszuschließen. Im Interesse des Landes und der Bevölkerung sollte also ehestmöglich eine effektive und nachhaltige Einigung gefunden werden.