Das italienische Parlament hat für den Militäreinsatz vor der libyschen Küste zur Bekämpfung des Menschenschmuggels gestimmt. 328 von 630 Abgeordnete sprachen sich in der Abgeordnetenkammer für die Mission aus, die die Regierung in Rom auf Anfrage der libyschen Regierung von Fajis al-Sarradsch beschlossen hatte. Kurz danach gab auch der Senat mit 170 Ja-Stimmen grünes Licht. Italienische Soldaten sollen demnach künftig die Küstenwache des Bürgerkriegslandes auch innerhalb der Hoheitsgewässer technisch und logistisch unterstützen.

Italien wird der libyschen Küstenwache mit zwei Schiffen technische und logistische Unterstützung im Kampf gegen Menschenschmuggel leisten, bestätigte Verteidigungsministerin Roberta Pinotti am Mittwoch vor den Abgeordneten in Rom. Die Mission soll vorerst bis zum 31. Dezember 2017 dauern.

Unmittelbar nach dem Beschluss des Parlaments in Rom fuhr ein fast 90 Meter langes Schiff der italienischen Marine in libysche Hoheitsgewässer ein. Der italienische Generalstab erklärte, es sei auf dem Weg nach Tripolis. Der weitere Einsatz werde mit den libyschen Behörden koordiniert, das Schiff habe die notwendige Genehmigung von libyscher Seite erhalten.

Die Regierung in Rom hatte die Mission am vergangenen Freitag beschlossen. Nach Angaben des italienischen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni könnte der Einsatz einen Wendepunkt in der Flüchtlingskrise darstellen. Italien erhofft sich davon eine Stabilisierung des vom Krieg zerrütteten Landes und eine bessere Kontrolle der Flüchtlingsströme. Von Libyen aus starten die meisten Migranten die gefährliche Fahrt über das Mittelmeer in Richtung Europa. In diesem Jahr kamen in Italien bereits 95.215 Flüchtlinge an. Schlepper nutzen das Chaos in dem vom Bürgerkrieg zerrissenen Libyen.

EU weiter abwartend

Abseits des italienischen Vorstoßes zeigt sich die EU in der Frage, ob der Mittelmeer-Einsatz auf libyische Gewässer ausgeweitet werden soll, weiter abwartend. Wie eine Sprecherin am Mittwoch mitteilte, baten die libyschen Behörden bei Gesprächen in Tripolis nicht wie zunächst erwartet um europäische Unterstützung beim Vorgehen gegen Schleuserbanden. Eine solche Anfrage wäre die grundlegende Voraussetzung dafür, dass die Besatzungen europäischer Kriegsschiffe künftig auch direkt vor der Küste des nordafrikanischen Landes operieren können.

Schiffe europäischer Streitkräfte sind im Rahmen der Operation „Sophia“ bereits seit 2015 im zentralen Mittelmeer im Einsatz, um den Menschenschmuggel aus Libyen zu bekämpfen. Weil sie bisher nicht in den Küstengewässern des vom Bürgerkrieg zerrütteten Landes operieren dürfen, konnten dabei allerdings kaum Erfolge erzielt werden.

Kritiker verweisen darauf, dass unklar ist, was mit Flüchtlingen und Schleusern geschehen soll, die eventuell während Einsätzen in den libyschen Hoheitsgewässern aufgegriffen werden. Bisher konnten die libyschen Behörden nicht den Eindruck vermitteln, dass sie den Betroffenen faire Gerichts- beziehungsweise eine menschenwürdige Unterbringung und Asylverfahren gewährleisten können.