Beim Migrationsgipfel Tunis hat Italien eine stärkere Zusammenarbeit zwischen der EU und Afrika im Umgang mit der Flüchtlingsproblematik gefordert. "Die EU und Afrika haben die Pflicht, zusammenzuarbeiten. Kein Land kann allein mit der Flüchtlingskrise umgehen", sagte Italiens Innenminister Marco Minniti. Er lobte die Bemühungen der libyschen Küstenwache, die Gewässer strenger zu kontrollieren. 10.000 Flüchtlinge seien von der libyschen Küstenwache im Mittelmeer gerettet, 5.000 Personen seien in die Heimat zurückgeführt worden. "Es gibt Signale, dass die libyschen Gewässer kontrolliert werden können", sagte Minniti. Besonders wichtig sei es, Libyens Südgrenze zu bewachen. "Die Südgrenze ist nicht nur wegen der Flüchtlingsproblematik, sondern auch im Kampf gegen den Terrorismus besonders wichtig. Libyens Südgrenze zu kontrollieren bedeutet de facto, die Südgrenze ganz Europas zu kontrollieren", sagte Minniti.

Laut Berichten des britischen "Guardian" wird bei dem Treffen auch eine Begrenzung der Migranten und Flüchtlinge, die von Afrika nach Italien beziehungsweise nach Europa kommen, beraten. Die gemeinsame Obergrenze könnte demnach bei 20.000 Menschen liegen. Erreicht werden soll das Ziel durch eine verstärkte Abschiebung von Illegalen aus Italien und einer konsequenteren Zerschlagung von Schlepperverbindungen. Der Verstoß soll laut "Guardian" durch das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR forciert worden sein, die das Vorgehen der EU kritisiert. Zitiert wird unter anderem Vincent Cochetel, der das europäische Büro des UN-Flüchtlingshochkommissariats leitet. Das UNHCR hat den Bericht jedoch umgehend dementiert.

EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos meinte, man dürfe keine Zeit verlieren. "Italien braucht all unsere Unterstützung. Die Migrantenströme von Libyen nach Europa haben zugenommen. Unser Ziel ist, die Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern zu stärken, um Menschenleben im Mittelmeer und in der Wüste zu retten, die illegale Migration und die Schlepperei zu bekämpfen und die Rechte der Flüchtlinge zu schützen", so Avramopoulos.

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) fordert beim Gipfel in Tunis weitere Schritte gegen die Schlepper. Es müsse sichergestellt werden, dass Flüchtlinge "an die nächste sichere Anlegestelle innerhalb nordafrikanischer Gewässer gebracht" werden, um eine "Anlandung in Europa im Vorhinein zu verhindern", sagte Sobotka.

Schlepper schon an der nordafrikanischen Küste zu bekämpfen sei notwendig, sagte Sobotka. Allerdings müsse auch in Europa klar sein, dass nicht Wirtschaftsflüchtlinge, sondern Schutzbedürftige geschützt werden müssen. "Wir brauchen auch die Offenheit, die bisherige Flüchtlingspolitik in Europa zu hinterfragen, um Schleppern deutliche Zeichen zu geben, dass wir nicht länger bereit sind, ihr menschenverachtendes Handeln hinzunehmen", so Sobotka. Ein System, das nicht Schutzbedürftige, sondern Wirtschaftsmigranten schütze, "ist nicht die Antwort, die wir als Europa geben sollten".

Es sei auch zentral, dass eine Rettung auf dem Mittelmeer nicht automatisch das Anlaufen eines europäischen Hafens mit sich bringen dürfe. "Vielmehr ist sicherzustellen, dass Flüchtlinge an die nächste sichere Anlegestelle innerhalb nordafrikanischer Gewässer gebracht würden, um eine Anlandung in Europa im Vorhinein zu verhindern". Die derzeitige Vorgehensweise nütze weder Flüchtlingen noch betroffenen Staaten, sondern ausschließlich kriminellen Schlepperbanden".

Die langfristige Bekämpfung von Fluchtgründen in den Herkunftsstaaten sei wesentlich, könne aber nicht unmittelbar notwendige Maßnahmen verhindern. "Eine konsequente Rückführung von Menschen mit negativem Asylbescheid gehört hier ebenso dazu, wie der Schutz der libyschen Südgrenze, um schon Fluchtbewegungen von Zentralafrika an die Küste zu verhindern". Sobotka betonte, "die Zeit des Durchwinkens kann und darf sich nicht wiederholen". Es gebe auch die Verpflichtung, die innere Sicherheit und den Schutz der eigenen Bevölkerung zu gewährleisten.

An dem zweitägigen Treffen nehmen Ressortchefs aus mehreren  europäischen sowie afrikanischen Staaten teil. Vertreten sind neben Sobotka auch die Innenminister aus Italien, Deutschland, Frankreich, Malta, Slowenien, der Schweiz sowie EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos. Von den nordafrikanischen Staten sind nach Angaben der EU-Kommission neben Tunesien auch Ägypten und Algerien vertreten.