Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat Slowenien und Kroatien aufgerufen, ihren bilateralen Grenzstreit um die Bucht von Piran zu lösen und eine Vermittlung durch Österreich angeboten. "Wir werden alles tun, um dieses Problem zu lösen", sagte Van der Bellen am Dienstag nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen Borut Pahor und Kolinda Grabar-Kitarovic in Salzburg.

"Wien ist ein guter Konferenzort", sagte der Bundespräsident in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Pahor und Grabar-Kitarovic, die zuvor ihren Dissens im Grenzkonflikt bekräftigt hatten. Österreich habe in dieser Frage "eine typisch österreichische neutrale Position", weil ihm an guten Beziehungen zu beiden Staaten gelegen sei. Ljubljana und Zagreb sollten den Ende Juni ergangenen Schiedsspruch als "entscheidenden Schritt zu einer endgültigen Beilegung des Konflikts sehen", betonte er.

Pahor und Grabar-Kitarovic bekräftigten die unterschiedlichen Positionen ihrer Länder im Grenzkonflikt. Während Slowenien auf die Umsetzung eines Ende Juni ergangenen internationalen Schiedsspruchs pocht, will Kroatien bilaterale Gespräche führen. "Die Frage ist nicht, ob diese Gerichtsentscheidung umgesetzt wird, sondern wann und wie", betonte Pahor. Beide Länder seien völkerrechtlich an die Entscheidung gebunden. Slowenien warte nun auf "ein kleines Signal der kroatischen Seite, dass sie die Entscheidung umsetzen will", sagte er.

Präsidententreffen in Salzburg: Österreich will im Adria-Streit vermitteln

"Wir akzeptieren diese Entscheidung nicht", bekräftigte Grabar-Kitarovic. Sie griff in diesem Zusammenhang auch den französischen Vorsitzenden des Schiedsgerichts, Gilbert Guillaume an, weil dieser der slowenischen Seite unerlaubt Informationen weitergegeben habe. Zugleich spielte sie die Bedeutung des Konflikts herunter. Es gebe schon eine Reihe von Vereinbarungen, die den Grenzverkehr oder auch die Fischerei regeln. "Wir sollten nicht erlauben, dass diese Frage unsere Beziehungen dominiert", sagte sie. "Jeder will ein normales Leben führen. Wir sollten nicht zulassen, dass uns das trennt." Wichtig sei, dass die Situation zwischen Slowenien und Kroatien "ruhig" bleibe.

Lösung nicht in Sicht

Van der Bellen dämpfte im Anschluss an das Pressegespräch allerdings die Erwartungen einer raschen Lösung im Grenzstreit. "Eine Lösung der Frage ist noch nicht in Sicht", sagte er vor österreichischen Journalisten. Der slowenische Präsident Borut Pahor deutete indes an, dass Ljubljana zu einer bilateralen Übereinkunft mit Zagreb bereit sein könnte.

Österreich wolle sich in den Streit zwar "nicht einmischen", sagte Van der Bellen. "Wir können unsere guten Dienste anbieten, sozusagen als Mediator." Das Wichtigste sei aber jetzt, "mit den Emotionen auf beiden Seiten runterzukommen und sie nicht hochkochen zu lassen. Dann würde eine Einigung noch viel schwerer werden."

Kroatien sei im Konflikt "in einer schwierigen Lage, weil das Parlament einstimmig beschlossen hat, den Schiedsspruch nicht anerkennen", erläuterte Van der Bellen. "Aus dieser Falle muss man herauskommen." Zugleich berichtete der Präsident, dass auch Slowenien "nicht zu 100 Prozent glücklich mit dem Schiedsspruch" sei. Erfreut zeigte sich Van der Bellen, dass Pahor und die kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic "miteinander können".

Der Schiedsspruch muss bis Ende Dezember umgesetzt werden. Die EU-Kommission und Deutschland haben die beiden Staaten aufgerufen, ihrer diesbezüglichen völkerrechtlichen Verpflichtung nachzukommen. Österreich stellte sich zwar hinter das Schiedsverfahren, forderte aber lediglich, Ljubljana und Zagreb mögen den Spruch als "entscheidenden Schritt" bei der Regelung des seit Anfang der 1990er Jahre ungelösten Grenzstreits ansehen.