US-Außenminister Rex Tillerson hat Russland aufgerufen, den ersten Schritt hin zur Deeskalation in der Ostukraine zu machen. Bei seinem ersten Ukraine-Besuch kam Tillerson am Sonntag in Kiew zu Gesprächen mit dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko zusammen. US-Präsident Donald Trump betonte indes, die Russland-Sanktionen blieben, "bis die ukrainischen und syrischen Probleme gelöst sind".

Zwei Tage vor Tillersons Ukraine-Besuch hatten sich Trump und der russische Präsident Wladimir Putin in Hamburg erstmals persönlich getroffen. Am Sonntag schrieb Trump, er begrüße zwar die am Freitag vereinbarte Waffenruhe im Süden Syriens, für eine Lockerung der US-Sanktionen gegen Russland sei es jedoch zu früh.

Nach den Gesprächen mit Poroschenko sagte Tillerson: "Wir sind enttäuscht von dem Mangel an Fortschritten nach dem Minsker Friedensabkommen." In dessen Rahmen waren unter anderem der Abzug schwerer Waffen von der Front und Kommunalwahlen in den von den prorussischen Aufständischen kontrollierten Gebieten und ein Waffenstillstand vereinbart worden.

Poroschenko äußerte seine Hoffnung auf neue Verhandlungen über die Lage im Donbass noch im Sommer. Voraussichtlich gebe es zur Vorbereitung noch im Juli ein Telefonat mit Kremlchef Putin, der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, sagte der ukrainische Präsident nach dem Treffen mit Tillerson.

Zur Einhaltung der Waffenruhe rief am Sonntag auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres auf. "Es wird immer noch gekämpft", sagte Guterres zu Beginn eines Treffens mit dem ukrainischen Ministerpräsident Wladimir Groisman in Kiew. Auch für Guterres war es der erste Ukraine-Besuch.

Im Osten der Ukraine gilt für die Dauer der Erntezeit seit Ende Juni eine Waffenruhe, die bis Ende August anhalten soll. Dennoch kam es seither immer wieder zu kleineren Zusammenstößen, bei denen neun ukrainische Soldaten getötet und dutzende weitere verletzt wurden.

In der Ostukraine kämpfen prorussische Rebellen seit April 2014 gegen ukrainische Regierungssoldaten. Dabei wurden in den vergangenen drei Jahren mehr als 10.000 Menschen getötet. Kiew und der Westen werfen Russland die Unterstützung der Rebellen vor, was Moskau bestreitet. Die USA und die Europäische Union verhängten Strafmaßnahmen gegen Russland.

In der Ostukraine sind auch rund 600 OSZE-Beobachter aktiv, die Verletzungen des Waffenstillstandes protokollieren. Der Vizechef der OSZE-Mission, Alexander Hug, warnte diese Woche in einem APA-Interview vor einer Eskalation der Lage, weil die beiden Seiten einander sehr nahe sind und schwere Waffen nicht abgezogen worden seien. "Das kann jederzeit explodieren, das ist ein Pulverfass", sagte er. Selbst ruhige Phasen seien kein gutes Zeichen. Da werde nämlich "aufmunitioniert, rotiert und trainiert". Der OSZE-Sonderbeauftragte für die Ukraine, Martin Sajdik, beklagte ein "völliges Auseinanderdriften" des Landes, weswegen er "tiefe Sorgenfalten" für die Zukunft des Landes habe. "Ich hoffe nicht, dass das alles in einer militärischen Logik endet", sagte Sajdik.